BORUSSIA DORTMUND HAT EUROPÄISCHES FORMAT: IM SCHULDENMACHEN
: Ein Vabanquespiel

Die unappetitliche Medieninszenierung zwecks Kürzung der Spielergehälter und die stillose Nutzung auch des allerletzten Steuerschlupflochs ließen es bereits erahnen: Borussia Dortmund steht das Wasser bis zum Halse. Ausgerechnet jenem Fußballverein, der mit Börsengang, einem stets gefüllten Stadion, illustren Spielernamen und erklecklichen Merchandisingumsätzen drauf und dran schien, dem eher konservativ wirtschaftenden Klassenprimus aus München eine Lektion in modernem Fußballmanagement zu erteilen.

Nun – nach frühzeitigem Europacup-Aus in Zeiten ohnehin bröckelnder Fernseheinnahmen – droht die ganze Dortmunder Herrlichkeit zu zerplatzen wie eine Seifenblase. Klarer Fall von zu hoch gepokert. Willkommen, lieber deutscher Fußball, im Kreis jener Geldverschleuderer und Großmannssüchtler, die man hierzulande bislang eigentlich nur in südlichen Ländern und vielleicht noch England vermutete, aber doch nicht in unserer grundsoliden und pumperlgesunden Bundesliga. Hausgemachte Verschwendungsorgien, wie sie sich etwa beim MV Stuttgart oder dem 1. FC Kaiserslautern ereigneten, wurden dabei natürlich generös ignoriert.

Und nun das: Fußballerisch im Sturzflug, aktienmäßig angeschlagen, das Stadion längst verscherbelt, wollen die Dortmunder jetzt mit dem letzten Pfund wuchern, das ihnen geblieben ist: ihrem Publikum. Ein weiterer ungedeckter Wechsel auf die Zukunft, denn die angestrebte Verpfändung der Zuschauereinnahmen der nächsten zwölf Jahre kann nur funktionieren, wenn sportlicher Erfolg da ist. Weiterer tabellarischer Absturz? Nicht auszudenken! Abstieg? Die Katastrophe.

Das Beispiel des BVB offenbart das Dilemma, in dem der deutsche Klubfußball steckt. Je mehr der internationale Anschluss verloren geht, desto weniger kann investiert werden. Je weniger investiert wird, desto mehr geht der internationale Anschluss verloren. Wer mit brachialer Risikofreudigkeit aus diesem Teufelskreis auszubrechen sucht, betreibt ein Vabanquespiel, das keine mageren Zeiten toleriert. Verletzungen, ein paar Transferflops, ein Gegentor zu viel – schon kreist der Pleitegeier über dem Stadion. MATTI LIESKE