Libyen zu Atomkontrollen bereit

IAEA-Chef al-Baradei leitet die erste Inspektionsreise in das nordafrikanische Land. Tripolis will auch das Zusatzprotokoll zum Atomwaffensperrvertrag unterzeichnen

WIEN ap/dpa ■ Die internationale Atomenergiebehörde (IAEA) kann nach eigenen Angaben bereits in der kommenden Woche mit einer umfassenden Kontrolle des libyschen Nuklearprogramms beginnen. Wie IAEA-Generaldirektor Mohammed al-Baradei gestern in Wien mitteilte, stimmte am Wochenende eine libysche Delegation den Inspektionen zu, mit denen der von Revolutionsführer Muammar al-Gaddafi verkündete Verzicht auf Massenvernichtungswaffen überprüft werden soll. Er werde selbst die erste Inspektionsreise leiten, fügte al-Baradei hinzu.

Am Sonntag verlautete, dass Libyen das Zusatzprotokoll zum Atomwaffensperrvertrag unterzeichnen wolle, das der IAEA uneingeschränkte Inspektionen ohne vorherige Anmeldung erlaubt. Der libysche Ministerpräsident Schokri Ghanem sagte dem britischen Rundfunksender BBC am Montag, seine Regierung wolle ihre „Prioritäten ändern und sich auf wirtschaftliche Fragen und Entwicklung konzentrieren“. Der Lebensstandard der Bevölkerung solle erhöht und zugleich ein Signal gegeben werden, „die Region von Massenvernichtungswaffen zu säubern“. Ghanem sagte, dies sollte auch für Israel gelten.

Gaddafi hatte am Freitagabend den Verzicht seines Landes auf Massenvernichtungswaffen erklärt. Nach US-Angaben hat Libyen eingeräumt, es habe Uran für Atomwaffen anreichern wollen. Amerikanische und britische Experten hätten im Oktober und im Dezember zehn Anlagen besucht, die mit dem geplanten Atomprogramm in Verbindung stünden. Dieses sei weiter fortgeschritten gewesen als ursprünglich angenommen. Nach Darstellung al-Baradeis steckt das Programm aber „noch im Anfangsstadium“.

Bei der Inspektionsreise in der kommenden Woche soll festgestellt werden, ob Libyen die Bestimmungen des Atomwaffensperrvertrages eingehalten hat. Er werde die IAEO-Führung im März über die Ergebnisse informieren, kündigte al-Baradei gestern an. Er stehe auch in Kontakt mit dem US-Außenminister Colin Powell und dessen britischen Amtskollegen Jack Straw. Washington und London hatten in neunmonatigen Geheimverhandlungen den Verzicht Libyens auf alle Massenvernichtungswaffen erreicht.