Mit Unterstützung von „Tuten und Blasen“: „Varieté“ im Metropolis
: Nicht erklärbarer Zauber

Es ist inzwischen gute Tradition des Metropolis, zum Jahresausklang einen besonderen Stummfilm mit adäquater Musikbegleitung zu zeigen. Und welcher würde sich dazu besser eignen als Varieté aus dem Jahr 1925, der seinen Rang als Klassiker des Weimarer Kinos immer wieder bestätigt. Ein Film, dessen großer Erfindungsreichtum auch und gerade in Zeiten von dritten Matrix- und Herr der Ringe-Teilen die Zuschauer immer noch beeindruckt.

Dazu die zwar nicht gerade leise Musik der Blechblaskapelle Tuten und Blasen, die hier aber perfekt passt – wie sie es an gleicher Stelle schon 1991 getan hat, als dem Regisseur des Films, Ewald André Dupont (1891-1956), der alljährliche Cinegraph-Kongress gewidmet war.

Auch wenn es nach Walter Benjamin mit der Aura des Kunstwerks mit Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit vorbei ist, so geht doch von manchen Filmen ein nicht restlos erklärbarer Zauber aus, der vor allem dann besonders groß zu sein scheint, wenn man spürt, dass etwas gerade zum ersten Mal gemacht wurde. Wenn Dupont und sein Kameramann Karl Freund, dessen „entfesselte Kamera“ in Murnaus Der letzte Mann im Jahr zuvor sprichwörtlich geworden war, ihr damals noch sehr unhandliches Kino-Auge auf eine Zirkusschaukel setzen, dann kann man auch fast achtzig Jahre später noch gut nachempfinden, dass die Zuschauer des Jahres 1925 selbst mit durch den Saal zu schwingen meinten – kaum dreißig Jahre nachdem sie vor Lumières scheinbar direkt in den Kinosaal hineinrasenden Zug zurückgewichen waren.

Für die Lichter und Schatten der Nacht bewies Dupont, der als Journalist angefangen und sich dann über eher unscheinbare Serien-Filme bis zu Henny-Porten-Filmen wie Die Geier-Wally hochgearbeitet hatte, bei Varieté ein besonderes Gespür. Ein künstlerisches Potenzial offenbarte sich da, das der Produzent Erich Pommer, der die Regie zunächst Murnau antragen wollte, von dem als eher als kommerziell geltendem Regisseur nicht unbedingt erwartet hatte. Der Film musste ein Kassenerfolg werden, was er dann – als erster deutscher Film sogar in den USA – auch wurde.

Wie Murnau, Lang oder Lubitsch wusste Dupont aber genau, dass es beim Filmemachen weniger auf das Sujet ankommt, als vielmehr auf die Art, wie es behandelt wird. Und so hätten die meisten Regisseure aus der Geschichte um einen ehemaligen Artisten, der seine Frau wegen einer Tänzerin verlässt, die ihn aber schon bald mit einem anderen Artisten betrügt, worauf ersterer nur noch mit Mord reagieren kann, wohl nur einen weiteren durchschnittlichen Film gemacht.

Dupont wusste dagegen nicht nur Darsteller wie Emil Jannings und Lya de Putti „dekorativ im Raum zu verteilen“, sondern – ganz Augenmensch, wie Lotte Eisner ihn nannte – vor allem „Nuancen bewegt wiederzugeben, sie schimmernd zu belegen, seine Licht und Schattenpalette unendlich reizvoll zu variieren“. Eckhard Haschen

Sa und So, 20 Uhr, Metropolis