knüppel aus dem sack von RALF SOTSCHECK
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Auch in Wales ist bald Weihnachten. Die Schafe sind festlich geschmückt, die berühmten walisischen Chöre üben „Stille Nacht“, in den Tälern ziehen die Weihnachtsmänner von Einkaufszentrum zu Einkaufszentrum. Über das Fest der Liebe müssen sie allerdings noch einiges lernen. Vorige Woche trafen sich 4.000 von ihnen in der Kleinstadt Newtown, um einen Rekord in der Rubrik „Die meisten Weihnachtsmänner auf einem Haufen“ aufzustellen.

Damit sie nicht frieren, wurde ein Wettrennen veranstaltet. Das macht Durst, und so steuerten die Nikoläuse danach eine Kneipe an. Als die Glocke ertönte, die nicht Weihnachten, sondern das Versiegen der Zapfhähne ankündigte, zogen einige Weihnachtsmänner plötzlich ihre Ruten heraus und vermöbelten sich gegenseitig. Im Handumdrehen brach eine Massenschlägerei zwischen den angeblich gutmütigen Weißbärten aus, so dass die Polizei anrücken musste. Die Beamten setzten ihre eigenen Ruten aus Hartgummi ein, bekamen die Sache aber erst in den Griff, als sie Tränengas versprühten. Vier Polizisten wurden verletzt, fünf Nikoläuse kamen ins Gefängnis.

Der Veranstalter Dougie Bancroft erklärte, dass die im nächsten Jahr nicht am Weihnachtsmännerwettlauf teilnehmen dürfen. „Das ist genau das Benehmen, das unsere sorgfältig organisierte Veranstaltung in Verruf bringt“, sagte er. „Die Leute könnten glauben, es handle sich um ein Bierfestival.“

Sind die versoffenen Weihnachtsmänner schuld daran, dass die britische Regierung eine Rangliste der Kneipen aufstellen will? Oder liegt es lediglich an der englischen Sucht, von Krankenhäusern über Schulen bis hin zu Eisenbahnunternehmen alles, einfach alles in Leistungstabellen zu erfassen? Die Pubs sollen nun von einer Kontrollbehörde nach ihrem „sozialen Verantwortungsbewusstsein“ bewertet werden. Da hat die Kneipe in Wales schlechte Karten: Wer einer Horde von Weihnachtsmännern, die schon voll wie Nattern sind, weitere Getränke auftischt, ist gewissenlos. Was sollen die Kinder von Newtown denken, wenn 4.000 stracke Weihnachtsmänner durch den Ort torkeln? Wie sollen die in solch einem Zustand die Schornsteine hinabsteigen, um die Geschenke abzuliefern?

Die Kontrollbehörde will nun eine Abstinenzkampagne führen. Die Getränkeindustrie hält das für „vollkommen unangemessen“, zumal sie die Behörde auch noch finanzieren soll. Es wäre das Gleiche, sagte ein Gastwirt, wenn die für die Telekommunikation zuständige Aufsichtsbehörde Kampagnen gegen das Telefonieren führte.

Die Saufkontrolleure vergeben Minuspunkte, wenn der Wirt Alkohol an unter 18-Jährige ausschenkt oder die Kundschaft mit Billigangeboten an den Tresen lockt. Der Tabellenführer der Kneipenliga serviert vermutlich Tee mit einem Tropfen Milch und Mürbeteigkekse aus ökologisch angebautem Weizenmehl.

Die Kampagne ist Teil von Labours „Alhohol-Schadenbegrenzungs-Strategie“, die im März ausgeheckt wurde, nachdem eine Untersuchung ergeben hatte, dass nur 14 Prozent der Männer und 12 Prozent der Frauen das empfohlene tägliche Alkohollimit kennen. Die walisischen Weihnachtsmänner gehören mit Sicherheit nicht zu dieser Minderheit.