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Taube Wanzen

SPIONAGE-VERDACHT Das Gutachten über die geheimen Abhöranlagen beim Klinikkonzern Asklepios in Hamburg liegt vor: Sie sollen nicht funktionstüchtig gewesen sein

VON JOSEPH VARSCHEN

Seit dem späten Dienstagnachmittag weiß die Hamburger Staatsanwaltschaft mehr über die Wanzen, die in Büros des Klinikbetreibers Asklepios gefunden wurden: Da erhielt sie das Gutachten eines vereidigten Sachverständigen für Lauschabwehr. Und das soll belegen, dass die gefundenen Abhöranlagen weder sende-, noch empfangsfähig gewesen sind. Ebenfalls zugegangen ist der Behörde inzwischen ein Strafantrag, den ein Mitglied der Asklepios-Geschäftsführung gestellt hat.

Die Wanzen waren bereits im März in den Räumen der Geschäftsführung, des Pressesprechers und der Betriebsratsvorsitzenden entdeckt worden (taz berichtete). Am 15. April wurde die Staatsanwaltschaft über die Vorfälle unterrichtet. Zur Aufklärung beauftragte die Leitung des Klinikkonzerns aber externe Ermittler. Das seien „zuverlässige Leute“, erklärt die Staatsanwaltschaft. Ihr Gutachten werde in die Beweisführung mit aufgenommen.

Wie der Hamburger Senat inzwischen auf die Anfrage des SPD-Abgeordneten Peter Tschentscher hin erklärte, sind seit dem 16. April die Wirtschaftsprüfer Ernst & Young mit „Untersuchung der Telefonanlagen auf Manipulationshinweise“ betraut. Drei Tage später wurde ein weiterer externer Berater hinzugezogen: Manfred Fink, Fachmann für Spionageabwehr in Coburg. Bei Fink dürfte es sich um jenen vereidigten Sicherheitsexperten handeln, der jetzt das Gutachten vorgelegt hat.

Die Stadt Hamburg, die mit 25 Prozent an den dortigen Asklepios Kliniken beteiligt ist, scheint einmal mehr zuletzt informiert zu werden – wie bereits über den Abhörskandal insgesamt. Ihm sei unklar, „warum die Stadt in der Sache nicht kritisch nachfragt und selbst ermittelt“, sagt Wolfgang Rose, Ver.di-Landeschef und Mitglied im Asklepios-Aufsichtsrat. Dessen Präsidialausschuss wird erst am kommenden Montag über das Gutachten informiert.

Auf Tschentschers Frage, ob es in der Vergangenheit weitere schwerwiegende Ereignisse bei Asklepios gegeben habe, von denen man erst verspätet erfahren habe, erklärte der Senat, die zur Antwort „benötigten Daten werden statistisch nicht erfasst“.

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