Rotröcke im Preiskampf

Jahrzehntelang hatten Studierenden-Agenturen ein Monopol auf die Weihnachtsmannvermittlung. Jetzt haben sie Konkurrenz bekommen: Von Steglitz aus will ein neuer Anbieter den Markt aufrollen

VON CHARLOTTE NOBLET

Und wieder ist Advent. Höchste Zeit also für Berlins Weihnachtsmänner und -engel, sich auf Heiligabend vorzubereiten. In Massen-Castings und „Vollversammlungen“ studieren sie „Oh Tannenbaum“ ein und lernen, „Advent, Advent, ein Lichtlein brennt“ völlig fehlerfrei aufzusagen. Die Bescherungsprofis basteln an ihren Kostümen und ordern Mietautos für den mobilen Einsatz in der Nacht der Nächte.

Jahrzehntelang teilten sich zwei studentische Arbeitsvermittlungen den Hauptstadt-Markt für die Rotröcke: die Tusma von der Technischen und die Heinzelmännchen von der Freien Universität. Inzwischen hat das Doppelmonopol Konkurrenz bekommen – und die heißt Frank Knorre. 25 Jahre lang rekrutierte er nebenberuflich Rauschebärte für die Tusma, dann ging ihm das Imponiergehabe der Oberweihnachtsmänner zu sehr auf die Nerven. Jetzt leitet er eine eigene Agentur: die Berliner Weihnachtsmannzentrale. Von seiner Steglitzer Wohnung aus vermittelt er Weihnachtsmänner und -engel, die genau wie bei den studentischen Vermittlern gecoacht werden. Studierende müssen es nicht unbedingt sein: Auch ältere Semester dürfen den Sack noch schultern.

„Es ist nicht einfach ein Job, sondern eine ganz besondere Aufgabe“, weiß Knorre, der sich als „Kulturträger“ versteht. „Die Teilnehmer sollen weihnachtliche Stimmung in die Wohnzimmer bringen. Das muss von Herzen kommen, da kann man nicht nur an die Kohle denken.“ Von den Leistungen der studentischen Vermittler sei er immer mehr enttäuscht worden, erzählt Knorre. Jetzt hofft er, von der schlechten Qualität seiner Konkurrenten zu profitieren.

Doch die traditionellen Marktführer wollen sich von einem Newcomer natürlich nicht die Butter von der Stolle nehmen lassen. Für den bevorstehenden Einsatztermin haben Tusma und Heinzelmännchen ihre Weihnachtsmänner und -engel nach eigenen Angaben sorgfältig vorbereitet. Auch logistische Pannen wie im vergangenen Jahr sollen nicht wieder vorkommen: Damals wären viele Familien wegen Organisationsmängeln beim Geschenke-Lieferservice beinahe leer ausgegangen. Wie schon 2002 planen die Studierenden-Agenturen die diesjährige Bescherungsaktion gemeinsam.

Zumindest was die Zahl der Arbeitswilligen angeht, scheint Frank Knorres Büro der studentischen „Weihnachtsmannaktion“ noch nicht das Wasser abgegraben zu haben: „Unser Pool von Studierenden bleibt stabil“, sagt Daniela Rohtig, eine von einem Dutzend MitarbeiterInnen der Tusma-Heinzelmännchen-Kooperation: „Rund 400 Studenten haben sich bislang angemeldet.“ Zwar bezahlen die Studierenden zehn Euro Anmeldegebühr, sie bekommen aber – „ganz bestimmt“ – acht bis zehn Aufträge an Heiligabend. Schließlich ist die Weihnachtsmannaktion schon eine Institution. Laut René Heydeck (38) von den Heinzelmännchen wollen viele Familien „ihre“ Studenten unterstützen und bleiben so auch den Vermittlungen treu. „Unsere klassischen Kunden sind Beamte oder Angestellte, haben ein oder zwei Kinder und wohnen zur Miete“, erzählt Heydeck. „Und die Stadtteile, wo es am meisten Trinkgeld gibt, sind nicht die reichsten. Eher Neukölln, Marzahn und Moabit“, ergänzt eine Kollegin.

Im gegnerischen Lager dreht Frank Knorre an der Preisschraube: Seine Weihnachtsmänner kann man schon für 27 Euro bestellen. Bei Tusma und Heinzelmännchen kosten sie 28 Euro. Weihnachtsmann und Engel im Duo machen bei Knorre schon für 47 Euro einen Hausbesuch – das sind neun Euro weniger als bei Tusma-Heinzelmännchen. „Die Engel sind bei mir etwas billiger, das ist für die jungen Damen manchmal etwas schwer zu verstehen. Aber nur so kann ich sie verkaufen“, sagt er. Attraktiv für die Einsatzteams: Eine Anmeldegebühr wird nicht erhoben, und die Kaution, die Knorre bei Vertragsbruch einbehält, beträgt nur 20 Euro – anstatt 30 bei den Studierenden-Agenturen.

Am Heiligen Abend wird sich zeigen, wer die richtige Wettbewerbsstrategie hatte. Die gestiefelten und geflügelten Laiendarsteller mussten sich bereits entscheiden. Jetzt ist es an den Familien, Kitas und Betrieben, die richtige Wahl zu treffen. Aber die kennt nur der Weihnachtsmann.

Heinzelmännchen/Tusma: (0 30) 8 32 40 17 oder (0 30) 9 60 60 66 06, www.berliner-weihnachtmann.de. Berliner Weihnachtsmannzentrale: (0 30) 26 54 04 - 42 oder - 43, www.weihnachtsmannzentrale-berlin.de