US-Fleischindustrie fühlt sich obenauf

Nachdem klar ist, dass die erste BSE-infizierte Kuh in den USA aus Kanada stammt, sehen sich die US-Fleischproduzenten zu Unrecht im Visier der Verbraucherschützer. Dabei haben diese noch so einiges an der Lebensmittelsicherheit zu monieren

aus Washington MICHAEL STRECK

Die US-amerikanische Fleischindustrie atmet auf: Die erste in den USA positiv auf BSE getestete Kuh stamme aus Kanada, erklärte das US-Landwirtschaftsministerium am Wochenende – froh, einen Schuldigen gefunden zu haben. Während der nördliche Nachbar noch an eine Verleumdungskampagne des Erzrivalen glaubt, stimmten die Fleischerzeuger der USA ein Loblied auf ihr Überwachungssystem an. „Die Verbraucher können beruhigt sein“, verkündete die National Cattlemen’s Beef Association.

Für Verbraucherschützer ist der Fall jedoch nicht erledigt. Sie mahnen mehr und schärfere Kontrollen an. Bislang lehnt es die Industrie ab, das Fleisch erkrankter oder verletzter Tiere nicht zu verwenden. Experten glauben, dass so Krankheitserreger leichter verbreitet werden können. Auch die BSE-Kuh war verletzt. Nur deshalb wurde bei ihr der BSE-Test durchgeführt. Insgesamt wurden in den USA im vergangenen Jahr überhaupt nur 20.000 Rinder untersucht.

Die US-Regierung erklärt das damit, dass es sehr unwahrscheinlich sei, sich durch Rindfleisch zu infizieren. Es werde ausschließlich Muskelfleisch verarbeitet, kein Nervengewebe, das als Risikomaterial gilt. Doch Verbraucherschützer bemängeln den Einsatz von Maschinen, die auch letzte Fleischreste von den Knochen trennen, die zu Wurst und Hamburgern verarbeitet werden. In Deutschland ist die Verwendung dieses Separatorenfleischs verboten. Die Kritiker weisen darüber hinaus auf riskante Gesetzeslücken hin. So darf zwar seit 1997 kein Knochenmehl von Rindern an andere Rinder verfüttert werden, aber durchaus an Hühner und Schweine. Deren Knochen können wieder für Tiermehl verwendet werden und landen erneut im Futter von Kühen. Rinderblut wird weiterhin als Milchersatz an Kälber verfüttert.

Die neu aufgeflammte Debatte über Nahrungssicherheit wird zwar das Kauf-und Ernährungsverhalten der Amerikaner kaum ändern. Nutznießer könnten dennoch die Organic-Beef-Produzenten sein. „Zertifiziertes Öko-Rindfleisch ist zum Aushängeschild für Lebensmittelsicherheit geworden“, glaubt Ronnie Cummins, Direktor der Organic Consumer Association. Die Tatsache, dass keine Kuh aus ökologischer Tierhaltung in Frankreich, England oder Kanada an BSE erkrankte, sei für viele Verbraucher ein gutes Argument. An den Verkaufstheken muss sich diese Hoffnung erst noch in klingende Münze verwandeln.