Kein schnelles CO2-Gesetz

KLIMASCHUTZ Sachverständige der Bundesregierung kritisieren Gesetzentwurf für CO2-Abscheidung

BERLIN taz | Der Sachverständigenrat für Umweltfragen warnt die Bundesregierung vor „übereilten Weichenstellungen“ bei der Verpressung von Kohlendioxid im Untergrund. Am späten Mittwoch war das sogenannte CCS-Gesetz zur ersten Lesung in den Bundestag eingebracht worden. Die Sachverständigen kritisieren den Entwurf ungewöhnlich heftig: „Die Anwendung von CCS im großen Maßstab kann derzeit nicht befriedigend geregelt werden.“

Es geht um die Abscheidung und Speicherung des Treibhausgases Kohlendioxid, das sogenannte Carbon Capture and Storage, kurz CCS. Die vier großen Energiekonzerne Eon, Vattenfall, RWE und EnBW planen, aus den Abgasen ihrer Kohlekraftwerke Kohlendioxid abzuscheiden, zu verflüssigen und unterirdisch zu „endlagern“. Obwohl Vattenfall in der Lausitz eine erste Pilotanlage mit dieser Technologie betreibt, gibt es noch keinen rechtlichen Rahmen für die unterirdische Lagerung. Deshalb hatte das Bundeskabinett am 1. April einen Gesetzentwurf zum CCS beschlossen. Noch in dieser Legislaturperoide soll dieser verabschiedet werden. Das sieht der Umweltrat in seiner Stellungnahme allerdings entschieden anders. Angesichts der gesellschaftlichen Relevanz sei „diese Eile nicht angemessen“: Zu viele Fragen, etwa zu Speicherkapazitäten, Konkurrenzen um die Nutzung unterirdischer Räume und die ökologischen Risiken der Lagerung seien bislang noch ungeklärt. Zudem subventioniere der Gesetzentwurf Kohlekonzerne indirekt. Die Haftungspflicht solle bereits 30 Jahre nach Schließung eines Endlagers an die öffentliche Hand abgegeben werden. Die Sachverständigen: „Das schafft ungerechtfertigte Wettbewerbsvorteile gegenüber konkurrierenden Klimaschutzoptionen“. NICK REIMER