schurians runde welten
: Oddset, mach et!

„Alles kann platzen wie eine Luftblase.“

(Eugen Hach, RWO)

Ich habe Glück gehabt, mir fehlt das Spiel-Gen. Dabei bin ich oft versucht worden. Als Junge steckte man mir Fünfmarkstücke zu, die ich in Geldspielautomaten warf, mich an rotierenden Glücksrädern erfreute und manchmal an einer Serie. Mehr nicht. Später habe ich es auf Trabrennbahnen versucht, bin dann mit 40 Mark im Minus und bedrückt nach Hause gegangen – auch weil sich Zocker und Jockeys, Züchter, Pferde offenbar nicht ausstehen können. Nicht umsonst liegen Clubhaus und Tribüne weit auseinander.

Sehe noch die wütend schimpfenden Männer vor mir, wie sie ihre Wettscheine zerfetzten, weil der Sulkifahrer den Traber ausgerechnet auf der Zielgerade und nach dem Blick auf die Quoten aus dem Rhythmus brachte – das Gespann wurde disqualifiziert, der Einsatz war weg. Und weil der Trickser von eben sogleich wieder in der Kutsche saß, immer die gleichen zehn, zwölf Fahrer an den Start gingen, stand der Behelmte drei Rennen später vor der Haupttribüne zur Siegerehrung, wie sie deprimierender nicht sein könnte: Anfangs habe ich noch geklatscht, merkte schnell, es gehört sich nicht – nur pferdefetischistische Backfische umlagern das Siegerpodium. Der Zocker spuckt.

Auch zur Einführung der staatlichen Fußballwette „Oddset“ setzte ich dann ein paar Euro auf drei Spielergebnisse, verlor das Geld und auch das Interesse. Ich wollte mir meine schönen Bilder vom reinen Sport nicht rauben lassen: Denn dass Fußball und Wettspiel eine dubiose Melange bilden, ist nicht erst seit Tiékus Selbsttor sonnenklar.

Erstens: Oddset, der dem Klingonischen entlehnte Name sollte an den einstigen Kölner Mittelstürmer Frank „Otze“ Ordenewitz erinnern. Otzes berühmteste Fußballtat ist die absichtlich eingehandelte gelb-rote Karte im Pokalhalbfinale, die ihm Trainer Erich Rutemöller (heute DFB) von Außen nahe gelegt hatte: „Otze, mach et.“

Zweitens: Was taten Fußballstars wie Ernst Kuzorra, Hans-Georg „Katsche“ Schwarzenbeck oder Holger Aden nach ihrer aktiven Laufbahn? Pachteten sie Tankstellen? Falsch. Adidas-Vertretung? Nein. Sie gründeten Annahmestellen für Wettscheine, fürs Totto, Lotto, Rennquintett.

CHRISTOPH SCHURIAN