piwik no script img

Jukebox

Prima Klima: Finnische Migrantenmusik in Berlin

Wenn Finnen von ihrer Gegend erzählen, dreht sich meist alles um Bäume. Oder ums fehlende Tageslicht. Keine besonders aufregenden Sachen also und so ist es nicht verwunderlich, dass einem Finnen so schnell keiner zuhört, wenn er über das heimatliche Klima spricht.Bei Kalle Kalima ist das anders. Bei ihm ist Natur nicht gleich Natur. Seine Komposition „Tursas“ handelt beispielsweise von einem alten finnischen Gott, der später Oktopus genannt wurde.Auf der neuen CD seines Trios Klima Kalima, „Helsinki on my mind“, zeigen sich die wesentlichen Bezugspunkte seiner Musik gleich auf dem Cover: Vorderseitig sieht man die finnische Hauptstadt mit grauem Himmel und Tauwetter, auf der Rückseite sind schneebedeckte Autos abgebildet, die in einer Wohnstraße parken. Aufgenommen wurde die CD aber in Berlin. Eine kleine Fotostrecke im Bookletinnern zeigt das Trio in angeschlagener Verfassung um einen Tisch versammelt. Man weiß es nicht: Vielleicht ist es das Heimweh, vielleicht der nicht minder graue, lange und dunkle Winter in Berlin? Klingen tut „Helsinki on my mind“ jedenfalls nach Umtrunkgrooves und Migrantencodes, „file under jazz“, wah-wah-spröde und melodiegetarnt, hohe Impro-Trio-Intensität inklusive.Den 1973 geborenen Gitarristen Kalle Kalima konnte man schon auf verschiedenen Berliner Musikveröffentlichungen hören, so etwa mit dem Berliner Retro-Free-Trio Momentum Impakto oder auf „Play Modes“ vom Sibelius Academy Jazz Department. Kalima studierte Jazz in Helsinki und Berlin, aktuell bereichert er die hiesige Szene mit Noise, Free Form und Avant Rock und wirkt so an einem Revival der eher seltsamen Art mit. Eine Metropole für improvisierte Musik kann kreative Soundfreaks wie Kalima gut gebrauchen. In Finnland hingegen wird man geboren, dann sieht man Wald und dann stirbt man, heißt es.CHRISTIAN BROECKING

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen