Sicherheit fürs Ehrenamt – außer im Süden

Viele Bundesländer schützen bislang nicht versicherte Ehrenamtliche gegen Unfälle und Sachschäden. Ausgerechnet Baden-Württemberg aber, das Musterländle bürgerschaftlichen Engagements, macht nicht mit – weil’s zu teuer ist

BERLIN taz ■ Zwei junge Leute trotzen der kommunalen Haushaltsmisere. Sie öffnen ein Schwimmbad, das die Stadt stillgelegt hatte. Sie opfern ihre Freizeit, es geht ihnen nicht ums Geld. Aber wenn nun ein Unfall passiert, dann haben die beiden ein Problem. Denn in den meisten Bundesländern ist ihr ehrenamtliches Engagement nicht versichert – obwohl es das Leben in der Kommune schöner macht.

Um Ehrenamtliche vor unverschuldeten Risiken abzusichern, haben mehrere Länder etwas unternommen. Sie haben für alle bürgerschaftlich Engagierten, die nicht in Vereinen oder Verbänden arbeiten, eigene Versicherungen abgeschlossen. Dazu zählen Hessen, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen. Kommendes Jahr soll es den Schutz auch im Saarland, Berlin und Brandenburg geben.

Ausgerechnet Baden-Württemberg, das sich gerne als Heimatland des bürgerschaftlichen Engagements brüstet, hat für die Sicherheit der Ehrenamtlichen kein Geld übrig. „Wir befürworten die Versicherung grundsätzlich“, sagte ein Sprecher des baden-württembergischen Sozialministeriums der taz, „sie ist aber letztlich eine Budgetfrage.“ Die Regierung in Stuttgart rechnet mit Prämien in Höhe von 150.000 bis 200.000 Euro. Im Doppelhaushalt 2005/2006 sei dafür kein Posten eingeplant, sagte der Sprecher.

Die Versicherungslücke entsteht, weil private Haftpflichtversicherungen oft nicht für Schäden zahlen, die Ehrenamtliche in Leitungsfunktionen verursachen. Vereine sichern ihre Mitglieder dagegen in der Regel mit eigenen Haftpflicht- und Unfallversicherungen ab. Diese Lücke wollen die Länder schließen. „Wir haben mit unserem Rahmenvertrag versucht, alle Ehrenamtlichen abzusichern, die nicht in Vereinen engagiert sind“, sagte Frank Heuberger aus der Rheinland-Pfälzischen Staatskanzlei der taz. Die Sammelversicherungen gegen Unfall- und Haftpflichtschäden kosten das Land 90.000 Euro im Jahr.

Die Rahmenversicherungen in den Ländern sind Teil einer Initiative für das Ehrenamt. Im November beschloss der Bundestag, die gesetzliche Unfallversicherung für Verbände zu öffnen. Thomas Molkentin vom Bundessozialministerium erwartet, dass ab Januar bis zu 800.000 Engagierte aus Sportverbänden, Kommunen und Kirchen der staatlichen Versicherung beitreten werden. Bisher versicherten die Verbände ihre Mitglieder bei privaten Unfallkassen. „Wir hören allerdings von den Sportverbänden, dass die privaten Versicherungen teilweise günstiger sind als die gesetzlichen“, sagte Molkentin in einem Bundestags-Ausschuss für bürgerschaftliches Engagement.

Auch für die Lücken bei der Haftpflicht gäbe es eine private Lösung: Allianz und Co könnten ehrenamtliches Engagement einfach mit in die privaten Versicherungen einschließen. Eine Lösung, die dem Bundestagsabgeordneten Michael Bürsch (SPD) gefallen würde: „Jeder Schutz, den die Versicherungswirtschaft zusätzlich bietet, entlastet die Länder“, sagte der Vorsitzende des Unterausschusses bürgerschaftliches Engagement in Berlin. DANIEL ZWICK