DAS LÄCHELNDE LICHT
: Nachts

Die Küche ist gerade gestorben

Das Summen ist das Schlimmste. Die Lautsprecher, die Lampe, der Kühlschrank. Wenn alles summt, dann bedeutet das Stille, das ist Alleinsein und manchmal, wenn es ungünstig fällt, Einsamkeit. Im Vorübergehen schlug er an die Lautsprecher. Vielleicht werden sie dadurch leiser im Summen. Man musste es ihnen klarmachen. Irgendwie. Beibringen. Einhämmern.

Er schlug noch einmal auf die Lautsprecher, noch heftiger. Es war fast ein Uhr. In der Stille schien ihm das Licht wie im Krankenhaus. Dort ist es so, im weißen Neonlicht, als hätte der Schatten scharfe Konturen. Als hätte man die Schärfe auf die Schatten gelegt, als wäre da besonders der Schatten wichtig, nicht der Gegenstand, der von den weißen Röhren an der Decke angestrahlt wird, sondern eben das dunkle Äquivalent, das sich an Boden und Wände heftete, sich hinlegte, anlehnte, niederfiel auf das nächste Ding. Er machte einige Lichter in der Küche an. Jetzt war es zu hell, es war wie im Krankenhaus, und die Schatten waren immer noch da. Sein eigener Schatten zerschlug sich jetzt nicht nur in einen winzigen dunklen, sondern in viele schwache Schatten, die sich sternförmig am Boden um ihn herum hefteten.

Deshalb war es vielleicht besser, wenn er das Licht ganz ausmachte. Und als er den Lichtschalter drückte und alles im Dunkeln versank, kam es ihm vor wie ein Tod. Als hätte er das Licht von etwas Bestimmtem ausgeknipst. Alles war weg. Es war ganz einfach: Licht aus. Fertig. Die Küche ist gerade gestorben. Er tastete sich zum Tisch, am summenden Kühlschrank vorbei und ertastete sich die Streichhölzer. Ein bisschen Licht würde er schon vermissen. Ein Ratschen, und für einen Moment schien weißes und gelbes Licht über sein Gesicht. Auf dem Streichholz tänzelte eine kleine Flamme. Sie war so beruhigend, so freundlich, es schien ihm, als lächelte sie. ANDREA HÜNNIGER