Der Weg ist das Ziel

Die taz fordert, die Kochstraße nach Rudi Dutschke zu benennen. Bereits 1999 hatte man an der FU eine ähnliche Idee. In Dahlem gibt es daher den Rudi-Dutschke-Weg, allerdings auf dem Uni-Gelände

VON JULIANE GRINGER

Eine Rudi-Dutschke-Straße könnte es in Berlin eigentlich schon geben. Die Freie Universität wollte zu ihrem 50-jährigen Bestehen im Jahr 1999 einer Straße diesen Namen geben. Ihre Initiative scheiterte jedoch an den politischen Mehrheiten im Bezirk. Seitdem gibt es immerhin einen Rudi-Dutschke-Weg – auf dem Privatgelände der FU.

Der Weg ist ein Zugang zur Mensa II und wird viel beschritten: vor allem von Physikern, Chemikern und Erziehungswissenschaftlern. Trotzdem hätte Traugott Klose, ehemaliger Leiter der Studienabteilung der FU, damals gern den Namen Iltisstraße aus dem Stadtplan gestrichen gesehen. Klose hatte die Idee zur Umbenennung.

„Eigentlich sollten drei Straßenbezeichnungen abgeschafft werden“, erinnert sich der heute 66-Jährige. Iltis-, Lans- und Takostraße erinnerten alle an den Boxeraufstand in China, den Kaiser Wilhelm II. blutig niederschlagen ließ. An diesen Straßen lagen neben dem Immatrikulationsbüro auch viele wissenschaftliche Institute und das Ostasiatische Museum. „Das erschien mir mehr als unpassend“, berichtet Klose. Aus der Iltisstraße sollte die Rudi-Dutschke-Straße werden. „Iltis“ hieß das Kanonenboot, das Kaiser Wilhelm II. nach China schickte.

Im Winter 1997 hatte Traugott Klose die Idee, neue Straßennamen zu etablieren – auch mit Hinblick auf das FU-Jubiläum. Deswegen startete er eine Unterschriftensammlung. Doch auf politischer Ebene konnte sich der Vorschlag nicht durchsetzen. Der CDU-regierte Bezirk Zehlendorf stimmte gegen die Rudi-Dutschke-Straße. Sie sei nicht akzeptabel, weil Dutschke, der an der FU Soziologie studiert hatte, in Deutschland „massiven Schaden angerichtet habe“. So blieb für die FU nur noch die Möglichkeit, eine Straße auf ihrem eigenen Gelände umzubenennen. Ein vorher namenloser Weg wurde zum Rudi-Dutschke-Weg. Weil dieser von vielen Studenten benutzt werde, sei die Erinnerung an Dutschke heute durchaus vorhanden, meint Klose.

Auch mehrere andere Naturwissenschaftler und Namen aus der Geschichte der Freien Universität waren als Paten für die drei Straßennamen im Gespräch gewesen. Clara Immerwahr zum Beispiel, eine der ersten Frauen, die in Deutschland in Chemie promovierten. Sie beging Selbstmord, nachdem sie vergeblich versucht hatte, ihren Mann Fritz Haber davon abzubringen, sich am Giftgaskrieg zu beteiligen. Oder Nobelpreisträger James Frank. Der Physiker setze sich gegen den Missbrauch der Kernspaltung ein. In Zehlendorf konnte man sich aber nur für die Otto-von-Simson-Straße entscheiden, benannt nach dem Kunsthistoriker.

Zur bescheiden gehaltenen Einweihungsfeier des Rudi-Dutschke-Weges im Dezember 1999 kam auch Gretchen Dutschke. Sie freute sich über die Ehrung, auch wenn die Universitätsleitung der Veranstaltung fernblieb.