killer-lametta und puterpampe von RALF SOTSCHECK
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Weihnachten – die Zeit der Rauschgoldmorde. An englischen Schulen gehen zwielichtige Gestalten um, die ihre Mitschüler hinterrücks mit Lametta erwürgen, wenn man dem Direktor des Internats Chipping Sodbury in Gloucestershire glauben kann. Er hat den Kindern verboten, zur Weihnachtsfeier Lametta, zu Deutsch „Rauschgold“, zu tragen.

„Wir wollen, dass sich alle unsere Kinder an Weihnachten erfreuen“, erklärte der stellvertretende Direktor Mel Jeffries, „wir müssen aber gleichzeitig sicherstellen, dass es kein Unglück gibt, das die Feier verdirbt. Wenn Lametta lose um den Hals getragen wird, kann man es wie eine Schlinge zuziehen, und das möchten wir nicht.“ Vermutlich möchte niemand mit Lametta erwürgt werden, nicht mal zu Weihnachten. Aber ist das überhaupt schon mal geschehen? Englische Schüler und Schülerinnen wickeln sich seit Jahrzehnten auf Weihnachtsfeiern das Glitzerzeug um den Hals, aber von Mord mit Killer-Lametta hört man eher selten. Zwar werden jedes Jahr in England rund tausend Menschen durch christbaumschmuckbedingte Unfälle verletzt, doch meistens handelt es sich dabei um brennende Bäume oder Stürze beim Anbringen von Engeln im Baumwipfel.

Die Kinder von Chipping Sodbury dürfen zum Fest Zivilkleidung tragen, die Schuluniformen bleiben im Spind. Vielleicht wegen der Krawatten, die zur Uniform gehören? Mit denen lässt es sich vortrefflicher würgen als mit Rauschgold. Auf Nachfrage des Guardian gab die Schulleitung zu, dass der Lamettabann auch der Müllvermeidung dienen soll. Das leuchtet ein, doch dann sollte man auch konsequent sein und Weihnachtsbäume, Weihnachtskarten und Geschenkpapier verbieten – und am besten gleich das ganze Weihnachtsfest. Man denke an die vielen Truthähne, deren Überreste beseitigt werden müssen, wenn sich die Menschen an dem Geflügel überfressen haben. An englischen Schulen wird die weihnachtliche Mahlzeit in Form von Truthahn-Burgern, Truthahn-Twizzlers und Truthahn-Nuggets serviert. Die gepressten und geformten Fleischreste sind viel gefährlicher für die Kinder als Lametta, so hat eine Untersuchung jetzt ergeben. Der Truthahnersatz enthält fast 20 Prozent Fett. Deshalb hat man die Puterpampe an schottischen Schulen verboten, in England kommen sie hingegen weiterhin auf den Weihnachtstisch. Gillian Kynoch, Chefin von „Hungry for Success“, einer 63,5 Millionen Pfund teuren Kampagne der schottischen Regierung für die Verbesserung der Schulkantinen, sagte, die „Engländer untergraben unsere Bemühungen für bessere Schulverpflegung“. Stephen Twigg, der englische Staatssekretär für Schulmahlzeiten, sagte: „Wenn die Qualität nicht gut genug für schottische Schulen ist, müssen wir in England auch mal darüber nachdenken.“ Vielleicht auch über die Finanzierung? Die Regierung gibt 35 Pence für jede Schulmahlzeit aus, in den Knästen serviert sie wenigstens 60 Pence teure Mittagessen.

Vielleicht könnte man das Lametta ja mit den fettigen Truthahn-Burgern einreiben. Dann wird es so glitschig, dass man niemanden damit erwürgen kann. Und den lästigen Fettfraß wäre man auch los.