: Anderer Planet
Das Ostgut heißt jetzt Berghain – am vergangenen Wochenende eröffnete der Technoclub an neuem Ort
Es sind die ganz kleinen Sachen, die einen guten Club ausmachen. Das am vergangenen Wochenende neu eröffnete Ostgut (es heißt jetzt Berghain) ist voll davon. Etwa die Garderobenmarken. Sie baumeln von einem Bändchen, das man sich um den Hals hängen kann – so geht sie nicht verloren: perfekt für einen Laden, der an seinem alten Ort dafür bekannt war, dass die letzten Gestalten der samstäglichen Abfahrt am frühen Sonntagabend auf die Straße fallen. Daran dürfte sich nichts ändern. „Det isn anderer Planet“, bekam man von einem muskelbepackten Skinhead zu hören, als man auf der Empore stand, auf die Tanzfläche blickte und ihm ein glückliches „Super hier, oder?“ zustrahlte.
Knapp zwei Jahre sind seit der Schließung des alten Ostguts vergangen. Viel Gejammer gab es in dieser Zeit zu hören, viel Hinterhergetrauere und Nostalgie. Gefühle, die verständlich waren, einem so radikal im Hier und Jetzt angesiedelten Laden aber nicht gerecht wurden. Das Berghain wird sie jedoch bald verblassen lassen. Das Konzept mag das Gleiche sein, zwei Tanzflächen, Darkrooms und 1.500 Menschen, alle vereint in dem Willen, es sich richtig zu besorgen. „Body conscious“ hat die New York Times das neulich genannt, polysexuell und polytoxikoman treffen es auch. Außerdem wird nicht angerampelt.
Den großen Unterschied macht jedoch die Räumlichkeit: Das ehemalige Heizkraftwerk in der Nähe des Ostbahnhofs stammt aus den Fünfzigern und strahlt eine totalitäre Zutraulichkeit aus, wie man sie sonst nur von den Clubs aus Filmen wie „Strange Days“ kennt. Doch so riesig die bestimmt zwanzig Meter hohe Eingangshalle einen empfängt, so wunderbar an humanen Proportionen entlang gestaltet ist die Tanzfläche im ersten Stock. Über die unverhängten Fenster in der Panoramabar sollte vielleicht noch einmal nachgedacht werden – so genau möchte man es mittags wirklich nicht wissen. Auf der anderen Seite: Ohne diese Helligkeit würde vielleicht niemand jemals mehr gehen wollen.
Wie’s war? Was soll man über einen Laden sagen, der einen am Sonntagnachmittag so glücklich wie fertig entlässt? Gigantisch. Das gibt’s jetzt jedes Wochenende. Dies ist die Berliner Paradise Garage. TOBIAS RAPP
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