Laut, kratzig, explosiv
: Sophie singt

Sophie Rois und „Die Mädels“ sind angekündigt für den Dienstagabend im Roten Salon. Die gebürtige Wienerin und Schauspielerin der Volksbühne gibt ein Konzert, und recht bald wird klar: Wo eine Bühne ist, da ist Sophie Rois in ihrem Element, und es ist fast egal, was genau sie dort eigentlich macht. Rois, die Sängerin, ist wie Rois, die Schauspielerin: laut, kratzig, explosiv.

„Die Mädels“ entpuppen sich als vier Jungs, die sich Tex Morton, Ed, Paul Rogers und Jansen nennen, im Übrigen aber durchaus passable Musiker sind. Sie sind die einzigen Hillbillies im Saal, der ansonsten gefüllt ist mit Menschen, die wohl auch sonst des Öfteren im Volksbühnen-Areal zu sichten sind, die von der „Sophie“ sprechen und das eine oder andere subversive Argument gegen Hartz IV austauschen. Gegen diese Diskurslust haben „Die Mädels“ zunächst keine Chance: Sie eröffnen das Konzert mit zwei ruhigen Folk-Stücken, die im vorweihnachtlichen Gesprächsteppich schlichtweg untergehen.

Das ändert sich abrupt, als Sophie Rois auf die Bühne tritt, mit einem extensiven Räuspern zugleich die Stimmbändern dehnt und die akustische Hierarchie klarstellt. Rois beherrscht die Rollen fast schon zu perfekt: Bei ihrem Intro – „Welcome, Ladies and Gentleman“ – meint man von Tom Waits willkommen geheißen zu werden, sie gibt Stücke von Hank Williams und von Johnny Cash, singt mal schnatterig-naiv, mal knarzend und druckvoll. Sie tanzt wie Uma Thurman in Pulp Fiction, fordert die Zuhörer zum Square Dance, gestikuliert und mimt, wer oder was auch immer ihr gerade einfällt – für 90 Minuten Konzert ist das vielleicht der eine oder andere Film zu viel.

Rois hat zudem den Vorteil, dass ihre Stimme immer besser wird, je verrauchter und trockener die Luft ist – nur einmal krächzt sie lauthals nach einer Cola. Die Cola kommt, „Die Mädels“ trinken einen Whiskey und schieben sich eine Zigarette in den Mundwinkel – jeder kennt hier seine Rolle.

Dem Publikum gefällt es, ohne dass die Stimmung überschäumen würde. Einzelne Yeehaa-Rufe ertönen, es reicht, um die Band zu zwei Zugaben zu bewegen. Am Ende steht Sophie Rois am Mikrofon; man sieht ihr an, dass ihre Energie noch lange nicht aufgebraucht ist, doch genug ist genug: „Good Night, thank you, dankeschön, tschöööß, viele Geschenke.“

SEBASTIAN FRENZEL