Skandal-Moni vor banger Weihnacht

Trotz offizieller Solidarität muss Bayerns Kultusministerin Monika Hohlmeier weiter um ihre politische Karriere fürchten. Edmund Stoiber schenkt ihr zum Fest zwar 800 neue Lehrerstellen, aber die Gunst des Chefs erwies sich schon oft als flüchtig

AUS MÜNCHENJÖRG SCHALLENBERG

Friede, Freude, Leberkäse. Es war beeindruckend, welch vorweihnachtliche Harmonie das bayerische Kabinett vor seiner letzten Sitzung in diesem Jahr verbreitete. Ministerpräsident Edmund Stoiber scherzte so demonstrativ locker herum, dass man fast an einen Doppelgänger glauben musste, Innenminister Günther Beckstein säuselte, dass „es sicher nicht zu einem Eklat kommen“ werde.

Gemeint war Kultusministerin Monika Hohlmeier, die schon längst hätte zurückgetreten sein müssen, wenn man den vorige Woche geradezu hysterisch berichtenden Münchner Zeitungen trauen könnte. Stattdessen präsentierte sich die Strauß-Tochter nach dem Stelldichein der Ministerriege freudestrahlend der Presse, lobte die außerordentliche Solidarität ihrer Kollegen und verkündete, dass der Freistaat Bayern im kommenden Schuljahr rund 800 neue Lehrer einstellen werde.

So schnell kann es gehen: Als in der vergangenen Woche bekannt wurde, dass in der Unterrichtsversorgung des stolzen Pisa-Gewinner-Bundeslandes bemerkenswerte Lücken klaffen, reichte diese Nachricht noch, um Edmund Stoiber wutentbrannt in den Kabinettssaal stürmen und in Anwesenheit mehrerer Journalisten lautstark über seine Kultusministerin herziehen zu lassen.

Denn die hatte ihm den Lehrermangel anscheinend bis dahin verschwiegen – ebenso, wie sie peinlicherweise anhaltend leugnete, Protestschreiben von Eltern mit Tausenden von Unterschriften erhalten zu haben. Doch plötzlich fanden sich die Dokumente des Elternzorns im Ministerium wieder ein. Zugleich verfasste der christsoziale Bildungsexperte Siegfried Schreiber jenen Brief des Anstoßes, der unter ausdrücklicher Umgehung von Monika Hohlmeier direkt in der Staatskanzlei landete und den Lehrermangel erstmals in konkreten Zahlen ausdrückte.

Die Kultusministerin war angesichts dieser Vorgänge zutiefst blamiert und musste sich zudem am vorigen Freitag einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss stellen, der ihre mögliche Verwicklung in Wahlfälschereien bei der Münchner CSU klären soll. Es verwunderte wenig, dass angesichts der garantiert nicht zufälligen Gleichzeitigkeit der Ereignisse schnell Gerüchte über eine gezielte Intrige innerhalb der CSU die Runde machten und der Abgang von Hohlmeier als Ministerin in der regionalen Presse als beschlossen galt. Sogar der Nachfolger schien bereitzustehen: jener Siegfried Schneider, der die Strauß-Tochter erst in Misskredit gebracht hatte.

Doch nachdem Monika Hohlmeier am Montag zu einem Rapport in die Staatskanzlei bestellt wurde, hat sich das Blatt offenbar gewendet. Nun könnte sie gar als Siegerin dastehen, denn kurioserweise musste Edmund Stoiber angesichts der öffentlichen Empörung über Tausende ausgefallener Unterrichtsstunden und teilweise überfüllte Klassen jene Mittel bewilligen, die er mit Verweis auf den harten Sparkurs der Landesregierung bislang stets verweigert hatte.

Allerdings werden die Gerüchte um einen möglichen Rücktritt der Kultusministerin nicht abreißen: Ihre Amtsführung gilt als dilettantisch, zudem hat Hohlmeier nun zum wiederholten Male eine unbequeme Wahrheit so lange verschwiegen wie nur möglich. Im Untersuchungsausschuss kann sie bislang nur auf wenig Hilfe aus den eigenen Reihen hoffen.

Und das mit der Solidarität des Ministerpräsidenten ist bei der CSU auch so eine Sache. Die ehemalige bayerische Sozialministerin Barbara Stamm erinnerte sich dieser Tage, wie ihr Edmund Stoiber zu Weihnachten 2001 seine volle Unterstützung zusicherte: „Ein paar Tage später war ich dann weg.“