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Von Fremdheit und Liebe

Intimer wird der Blick des Sohnes auf seine Eltern: „Thái-Công: Photography – Identity – My Parents“ im Museum für Kunst und Gewerbe

Einige hundert Fotos, auf allen dieselben zwei Menschen zu sehen. Egomanie? Nein: Liebe. Die Eltern des in Vietnam geborenen und in Hamburg lebenden Fotografen und Modedesigners Thái-Công Quách lieben sich, und ihr Sohn liebt sie. Warum sonst sollte der 32-Jährige das Paar permanent ablichten? Ein inniges Familientrio, bei dem der Sohn unsichtbar bleibt – bis auf ein Foto, das ihn als Spiegelung in der riesigen Sonnenbrille seiner Mutter zeigt.

Im dreiteiligen Zyklus „Photography – Identity – My Parents“, den das Museum für Kunst und Gewerbe jetzt erstmals vollständig zeigt, bewegt sich Thái-Công Quách von der Mode- über die Porträtfotografie hin zum Schnappschuss, und von Serie zu Serie wird der Blick auf seine Eltern intimer. Im ersten Teil hatte er noch 29 Fotografen beauftragt, Mutter und Vater für Modeaufnahmen in Szene zu setzen, im zweiten Teil fotografiert er sie selbst, im dritten greifen sie zum Selbstauslöser. Herausgekommen sind im ersten Teil höchst unterschiedliche Porträts, die unter dem Titel „My Parents – Eine Hommage an die Mode, die Fotografie und das Leben“ 2002 Furore machten.

Im Vergleich zu Witz, Glamour und Originalität von Teil 1, der hier in einer Auswahl zu sehen ist, wirkt der erstmals präsentierte Zyklus „My Parents in Vietnam“ mit seinen 80 großformatigen Schwarzweiß- und Farbfotos wenig spektakulär.

Thái-Công hat seine Eltern auf einer mehrwöchigen Reise aufgenommen, ihrem ersten Besuch nach 20 Jahren: Aus Angst vor Enteignung durch die Kommunisten – der Vater besaß vier gut gehende Frisiersalons – hatten sie Vietnam verlassen. Ein distanziertes bis interessiertes, oft erschöpftes Touristenlächeln prägt ihre Züge, perfekt gekleidet sind sie immer. Thái-Công lässt seinen Vater im blütenweißen Hemd, die Mutter im schicken Kostüm durch die Straßen von Hanoi und Saigon schlendern und hält fest, wie sie Pagoden besichtigen oder auf dem Balkon ihres Luxushotels stehen. Armut oder die Kriegsfolgen hat er dabei bewusst ausgeklammert. Lieber zeigt er ein älteres Paar, das sich elegant an eine Limousine lehnt, während der Reifen gewechselt wird.

Im ersten Teil, der sich im künstlichen Ambiente von Modeshootings bewegt, hat dieser Blick seine künstlerische Berechtigung. Bei „My Parents in Vietnam“ fragt man sich, ob Thái-Công deshalb die Außenwelt zum stilisierten Raum werden lässt, damit die Fremdheit seiner Eltern in ihrem Heimatland umso stärker hervortritt.

Zu Hause sind sie jetzt in Hamburg, das belegt der dritte Teil der Trilogie, der auf rund 400 Polaroidaufnahmen einen Einblick in das Alltagsleben der Eltern gewährt. Zwischen Ende 2002 und Anfang 2004 hat sich das Paar einmal täglich selbst abgelichtet, meist daheim, vor dem Wohnzimmerschrank oder auf dem Sofa. Entspannt sehen sie aus, locker trotz wie immer tadelloser Designerkleidung. Vor allem fasziniert aber die innige Beziehung der beiden, die jedes Foto widerspiegelt. Liebevoll lächeln sie einander an, nehmen sich in den Arm, schmiegen sich aneinander. Jeden Tag von neuem. Im fotografisch simpelsten Teil der Trilogie enthüllt Thái-Công das ganz persönliche Geheimnis seiner Eltern. Es ist ihre Liebe zueinander. Karin Liebe

„Thái-Công: Photography – Identity – My Parents“, Museum für Kunst und Gewerbe, Steintorplatz; bis 16. Januar 2005, Di–So 10–18 Uhr, Do 10–21 Uhr, 31. 12. und 1. 1. geschlossen

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