Pressekonferenz mit Nachspiel

Polizei stellt Strafanzeige gegen Sprecher des Hamburger Arbeitskreises Tagespflege. Dessen Protest gegen Hartz IV beantwortet Berlin mit leichter Korrektur für Tageseltern

Für Werner Haase ist es „ein durchsichtiger Versuch, die Kritik gegen Hartz IV zu kriminalisieren“. Denn für den Sprecher des Arbeitskreises Tagespflege Hamburg wird eine offizielle Pressekonferenz, zu der die Organisation eingeladen hatte, ein juristisches Nachspiel haben.

Der Arbeitskreis hatte die Medien am 21. Dezember vor das Altonaer Sozialamt bestellt, um über Bezugskürzungen für Tageseltern zu informieren (taz berichtete). Ein Polizeibeamter der Wache Mörkenstraße, der auch gekommen war, stellte Strafanzeige gegen Haase wegen eines angeblichen „Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz“. Danach soll der Medientermin, bei dem Transparente („Tagesmütter belogen – Eltern und Kinder betrogen“) präsentiert wurden, eine anmeldungspflichtige Versammlung gewesen sein. Die Pressetexte werden als „Flugschriften“ gewertet, die ungenehmigt verteilt worden seien.

Polizeisprecherin Ulrike Sweden betont, dass der Beamte „rechtlich gezwungen“ sei, den Vorgang einer Ermittlung zuzuleiten, da der von ihm angezeigte Tatbestand „möglicherweise erfüllt“ sein könnte. Rückendeckung erhält der Beamte, so Sweden, vom Chef der Mörkenstraßen-Wache, Thomas Model, der die Pressekonferenz ebenfalls in Augenschein nahm. Model ist kein Unbekannter: Ex-Innensenator Ronald Schill machte ihn zu seinem Sprecher, Nachfolger Dirk Nockemann (Schill-Partei) gar zu seinem Büroleiter.

Unterdessen korrigierte Berlin die Anrechnungspraxis von Tagespflege auf das neue Arbeitslosengeld II (ALG II). Hamburgs Sozialämter rechnen den Aufwandsersatz aus Pflege- und Erziehungsgeld für Tageseltern, die bisher auch Sozialhilfe bezogen, voll auf das ALG II an. Weil dadurch kein Geld für die Versorgung der Kinder bleibt, müssen die Betreuer sie abgeben.

Wie die SPD-Bürgerschaftsabgeordnete Andrea Hilgers jetzt vom Bundeswirtschaftsministerium erfuhr, gelten die „tatsächlichen Ausgaben für das zu pflegende Kind“ nicht als Einkommen und sind anrechnungsfrei. Beim Erziehungsgeld aber handele es sich um „Einnahmen“, die anzurechnen seien, wenn sie die Hälfte des ALG II überstiegen. „Diese Regelung ist weniger geschmeidig als früher“, so Hilgers, „aber nicht so hart wie die ergangenen Bescheide.“ Gegen diese rät sie Widerspruch einzulegen. Marco Carini/Eva Weikert