Erst verraten, dann verkauft

Heute soll die Fusion der Phoenix in Harburg mit ContiTech besiegelt werden. Der Name des Traditionsunternehmens wird ausradiert. Mit ihm nach ersten Plänen auch 1.000 Jobs, obwohl die Fabrik floriert. Langfristig ist der ganze Standort in Gefahr

von KAI VON APPEN

An ein Wunder glaubt unter den 3.000 Phoenix-MitarbeiterInnen in Harburg, wo rund 1.000 Arbeitsplätze zur Disposition stehen, niemand mehr so recht: Dennoch wird die heutige Sonderhauptversammlung der Aktionäre, auf der mit der Verabschiedung der Beherrschungs- und Gewinnabführungsverträge die Verschmelzung mit der Hanoveraner Continental-Tochter ContiTech offiziell umgesetzt werden soll, mit Spannung erwartet.

Spekulationen, die Phoenixianer könnten die Versammlung im Hittfelder Veranstaltungszentrum „Burg Seevetal“ sprengen und damit die Übernahme in letzter Minute verhindern, machen die Runde. „An den Anmeldungen lässt sich das nicht absehen“, beruhigt indes eine Unternehmenssprecherin. Und auch der Phoenix-Betriebsrat hält sich bedeckt. „Es haben Mitarbeiter Aktien gekauft“, so eine Sprecherin, „aber ob sie an der letzten Hauptversammlung teilnehmen, ist nicht bekannt.“

Wenn alles nach Plan läuft, so wie es das Gros der Aktionäre anstrebt, ist das Ende des Traditionsunternehmens besiegelt. Es ist aber nicht allein die fein ausgeklügelte „feindliche Übernahme“, die der „Manager des Jahres“ (Manager Magazin), Conti-Chef Manfred Wennemann, ausgeheckt hat, die den Namen Phoenix und damit einen harten Konkurrenten ausradieren. Die Phoenixianer sind vor allem Opfer ihrer eigenen Chefs und Eigentümer geworden.

Denn genau heute vor einem Jahr blickte die Belegschaft – nicht nur wegen der bevorstehenden 150-Jahr-Feiern – noch voller Enthusiasmus in die Zukunft. Nach zwei Verlustjahren war Phoenix 2003 wieder auf dem aufsteigenden Ast und hatte einen Jahresüberschuss von 5,5 Millionen Euro erwirtschaftet. Die rosigen Prognosen auch für 2004 bestätigten sich. Phoenix blickt auf das beste Geschäftsjahr der Firmengeschichte.

Während die Bosse um Vorstandschef Meinhard Liebing noch Ende März der Öffentlichkeit den Eindruck vermittelten, sich dem Conti-Coup zu widersetzen, feilschten einige Aktionäre schon längst mit den neuen Eigentümern und der Deutschen Bank. Im Frühjahr kehrte dann der Aufsichtsratsvorsitzende Claas E. Daum offiziell der Phoenix den Rücken, mit seiner Firma Daum & Cie AG als größter Einzelaktionär. Sein 22,3-Prozent-Aktienpaket sei für 50 Millionen Euro zu haben, erklärte er.

Das veranlasste dann auch den Phoenix-Vorstand – Liebing wird einen Posten im ContiTech-Vorstand bekommen – umzuschwenken und den Ausverkauf zur forcieren. Übers Internet verbreitete Liebing, dass es sich „bei einem Preis von 15 Euro pro Aktie um ein faires Angebot handelt“, obwohl schon klar war, dass der Coup Hunderte Jobs in Harburg kosten würde. Im Sommer hatte Conti das Ziel erreicht und mit über 75 Prozent die Aktienmehrheit in der Tasche.

Dass sich der Deal bis heute hinzog, hat viel damit zu tun, dass die EU-Kommission die Fusion wegen drohender Marktbeherrschung genehmigen musste. Inzwischen hat ContiTech den Preis pro Aktie auf 18,89 Euro festgelegt, um mit der Phoenix-Produktpalette zum weltweit führenden Spezialisten in der Kautschuk- und Kunststofftechnologie aufzusteigen. Natürlich verbunden mit dem Abbau von 1.000 der dann 24.000 ContiTech-Arbeitsplätze.