Für die Bibel zum Sterben bereit

Christliche Prediger aus Südkorea missionieren unter Lebensgefahr – auch im Irak, wo sie Opfer von Entführungen wurden. Für die Regierung in Seoul wird das zum Ärgernis. Doch die Botschafter Gottes setzen ihren Weg fort

TOKIO taz ■ Immer wieder sind südkoreanische Missionare unter dem Vorwand humanitärer Hilfe im Irak anzutreffen. Erst kürzlich riskierten sieben Bibelbotschafter ihr Leben, als ihre christliche Mission mit ihrer Entführung jäh endete. Wenig später griffen südkoreanische Diplomaten in Bagdad offenbar zwei Wiederholungstäter auf. Inzwischen wieder auf freiem Fuß, setzen sie ihren Weg unbeirrt fort.

So ist es kaum verwunderlich, dass Südkoreas Regierung langsam der Geduldsfaden reißt. Der Direktor des Büros für Konsularfragen in Seoul bedauert „diese rücksichtlosen Versuche, in den Irak einzudringen, ungeachtet der dringenden Empfehlung, das nicht zu tun“. Die unbeirrbaren Bekehrer sind für Entführer ein attraktives Ziel. Zum einen aufgrund Ihrer Tätigkeit, zum anderen weil Südkorea mit 3.600 Soldaten die Besatzungsmacht im Irak unterstützt.

Unter dem Druck der südkoreanischen Regierung mussten einige Prediger Mitte des Jahres aus dem Irak ins Nachbarland Jordanien abziehen – vorübergehend, wie sich zeigen sollte. Andere nehmen sich in Amman irakischer Flüchtlinge an. Der südkoreanische Übersetzer Kim Sun-Il, der im Irak entführt und enthauptet wurde, hatte sich in der Presbyterianische Onnuri-Kirche in Bagdad nebenamtlich als Missionar ausbilden lassen. In Missionarskreisen wird Kim als Märtyrer verehrt. „Koreanische Missionare sind erpicht, Gott zu preisen und Gottes Mission zu erfüllen, und sie wollen für Gott sterben“, zitierte die New York Times den Chefmissionar der Onnuri-Kirche.

Südkoreanische Prediger ziehen nicht nur den Zorn der heimischen Behörden auf sich. Auch China beschuldigt religiöse Gruppierungen, sie würden nordkoreanischen Flüchtlingen dazu verhelfen, in westliche Botschaften Pekings einzudringen. Dies trifft nur teilweise zu. Dabei gehen die Bekehrer in ihrem Eifer mitunter so weit, dass sie neben der eigenen Sicherheit auch die ihrer potenziellen Anhänger gefährden. So sollen Reissäcke, die mit Bibeln angereichert waren, von China nach Nordkorea gelangt sein. Wer in der kommunistischen Diktatur damit erwischt wird, dem könnte das Todesurteil drohen.

Auch Südkorea war seit dem 18. Jahrhundert beliebtes Missionarsziel. Mit Erfolg: Der Tigerstaat ist in die Spitzenliga aufgestiegen. 12.000 Südkoreaner sind laut Schätzungen weltweit auf Mission, eine größere Anzahl kommt nur aus den USA. Die presbyterianische Onuchiri-Kirche verfügt beispielsweise über Vertretungen in 53 Ländern.

Südkoreanische Missionare schrecken auch vor feindlicher Umgebung nicht zurück, und sie gehen so zielstrebig vor, dass man sich bereits Witze erzählt: Siedeln sich Chinesen irgendwo an, öffnen sie ein Restaurant. Kommen Japaner, bauen sie eine Fabrik – Südkoreaner hingegen beginnen mit einer Kirche. In den südkoreanischen Ministerien wird darüber nicht mehr gelacht. Der Chef des Konsulardienstes meint zur Mission im Irak, Südkorea müsse schärfere Gesetze erlassen, um „das Eindringen unserer Bürger in dieses gefährliche Land zu stoppen“.

MARCO KAUFFMANN