Kongos Kriegsgebiete klirren vor Waffen

Britischer Untersuchungsbericht über Waffenströme im Osten der Demokratischen Republik Kongo deckt zahlreiche krumme Geschäfte auf. Waffenlieferungen gehen trotz UN-Embargo weiter. Die Empfehlung: bessere UN-Kontrollen

BERLIN taz ■ Trotz eines UN-Embargos strömen ungehindert Waffen in die Kriegsgebiete im Osten der Demokratischen Republik Kongo. In einem neuen Bericht an den UN-Sicherheitsrat, der der taz vorliegt, beschreibt der Arbeitskreis des britischen Parlaments zum Afrika der Großen Seen (APPG) detailliert, wie die Waffenströme zu Wasser, zu Lande und in der Luft funktionieren. Die Parlamentarierkommission, die ihren Untersuchungsbericht „Arms Flows in Eastern Congo“ von belgischen Experten recherchieren ließ, empfehlen eine Ausweitung des geltenden Waffenembargos für Ostkongo auf das ganze Land und eine Stärkung der UN-Mission im Kongo (Monuc).

Ein armenisches Flugzeug mit 300 Uniformen der Armee von Kongos Präsident Joseph Kabila, das im August 2004 in die ostkongolesische Rebellenhauptstadt Goma fliegt, wo die Fracht spurlos verschwindet – das ist nur einer von vielen bizarren Vorfällen. Rüstung für ruandische Hutu-Milizen im Ostkongo kommt aus Uganda über die Grenze. Russische Waffenhändler, die aus Sierra Leone und Liberia bekannt sind, treiben Geschäfte mit Rebellenführern. Schiffe voller Waffen kommen aus Tansania über den Tanganyikasee. Schwunghafter Handel mit Kleinwaffen findet an der Grenze zum Sudan statt.

Am merkwürdigsten ist wohl der geplante Verkauf von 50 Panzern der russischen Marke T-55, 20 Panzerfahrzeugen und 34 Millionen Gewehrgeschossen durch die tschechische Rüstungsfirma „Thomas CZ“ an die Kabila-Regierung, mit Exportlizenz über die Slowakei nach Namibia. Die für Februar 2003 geplante Lieferung, die ein namibischer General in Kongos Hauptstadt Kinshasa quittieren sollte, kam nie zustande, aber das namibische Endabnehmerzertifikat wurde laut Bericht am 8. November 2004 neu ausgestellt, sodass das Geschäft noch aktuell erscheint.

Ruanda, Uganda und Kinshasa sind die wichtigsten Transitpunkte für Waffen in die ostkongolesischen Krisenregionen Kivu und Ituri, wo trotz des Friedensvertrages von Dezember 2002 und der Einsetzung einer Allparteienregierung in Kinshasa im Sommer 2003 bewaffnete Konflikte andauern. Ein UN-Waffenembargo gegen bewaffnete Gruppen im Ostkongo gilt seit 27. Juli 2003. Es verbietet auch Waffentransfers an diese Gruppen innerhalb des Landes. Ein EU-Waffenembargo gegen Kongo insgesamt ist seit 1993 in Kraft. Es wurde 2003 gelockert, um Kongos geplante neue nationale Armee – die aus der Verschmelzung der bisherigen Bürgerkriegsarmeen entstehen soll – sowie die UN-Mission auszunehmen. Diese Ausnahme gilt auch für das UN-Embargo.

Der britische Bericht weist nun darauf hin, dass die Ausnahmen Probleme mit sich bringen: Waffen, die offiziell für die Monuc bestimmt sind, kommen ungehindert nach Ostkongo; und es gibt keine Beschränkung für Waffenlieferungen nach Kinshasa, obwohl niemand kontrolliert, wohin die Rüstungsgüter dann gebracht werden. Die UN-Beobachter im Kongo hätten weder Radar- noch Nachtsichtgeräte; sie würden Kongos Seen an der Ostgrenze überhaupt nicht überwachen und seien auf Kongos Flughäfen nachts nicht präsent. „Zwischen 350 und 400 Flugpisten gibt es im Land, aber Monuc hat nur 71 Beobachterteams, und sie haben viele andere Aufgaben“, so der Bericht. Viele kleinere Flugpisten seien der UNO nicht einmal bekannt.

Als Konsequenz empfiehlt der Bericht die Ausweitung des UN-Waffenembargos auf ganz Kongo, mit Ausnahme der neuen Armee und Polizei. Monuc müsse Kongos Grenzübergänge Tag und Nacht überwachen, Schnellboote und Satellitenüberwachung einsetzen und ohne Vorwarnung sämtliche Flughäfen und Flugzeuge in Kongo, Ruanda und Uganda inspizieren dürfen.

DOMINIC JOHNSON