Eine angeborene Fremdartigkeit: Fünf Filme mit Christopher Walken im Metropolis
: Der Mann mit den zwei ungleichen Augen

Christopher Walken geht es ein wenig wie Dennis Hopper: eigentlich einer der markantesten und wandlungsfähigsten amerikanischen Schaupieler, ist er in den letzten Jahren immer mehr auf ein oder zwei Typen festgelegt worden. Zum einen ist dies der mal mehr, mal weniger durchgeknallte Bösewicht, zum anderen der meist kaum weniger exzentrische Vater, dem er wie in Hugh Wilsons Blast from the Past oder Spielbergs Catch Me If You Can freilich immer noch genügend interessante Konturen zu geben versteht. Ganz zu schweigen von Pulp Fiction, wo ihm ein einziger Monolog zu seinem Sohn in dem Kapitel „The Golden Watch“ reicht, um sich dem Zuschauer ins Gedächtnis einzugraben.

Für eine Filmreihe – zumal mit fünf Filmen, wie sie das Metropolis im Januar zeigt – besteht bei Walken, Jahrgang 1943, das Problem, dass er überwiegend in Nebenrollen besetzt wird. Für einen lead actor wirke er einfach ein wenig zu kühl oder nicht ganz von dieser Welt, meint David Thomson. Walken selbst nennt es eine ihm angeborene Art von Fremdartigkeit (eines seiner Augen ist blau, das andere braun), die es ihm schwer mache, den regular guy zu spielen. Deshalb aber ein Programm mit Ausschnitten etwa aus Woody Allens Annie Hall zu zeigen, wo Walken als Diane Keatons selbstmordgefährdeter jüngerer Bruder zum ersten Mal größer auffiel, geht natürlich auch nicht.

Schon fast eine Hauptrolle, für die er freilich den Oscar als bester Nebendarsteller bekam, spielte Walken 1978 an der Seite von Robert De Niro in Michael Ciminos Vietnamepos The Deer Hunter (bei uns gar nicht mal so unpassend Die durch die Hölle gehen betitelt), der dankenswerterweise im Original mit Untertiteln läuft. Ist doch schon Christopher Walkens immer leicht heiser wirkende Stimme, man denke nur an Antz, ein Fest für sich. Ironischerweise ist Walken hier eigentlich der nice guy, der jedoch psychisch etwas labil ist und sich beim Kriegseinsatz in Vietnam dann sehr stark verändert. Allein Walkens und De Niros gemeinsame Szenen könnten Lehrbücher zur Schauspielkunst füllen: Dominiert bei den ersten Russisch-Roulette-Szenen, als die beiden Gefangene des Vietkong sind, De Niros nervöse Energie und Entschlossenheit, die beiden dann auch die Flucht ermöglicht, so ist es später die auf Walkens Gesicht zu lesende absolute Unberechenbarkeit, welche die Folgen eines im Krieg erlittenen Gedächtnisverlustes aufscheinen lässt.

Ein wenig anknüpfen an diese außergewöhnliche Performance konnte Walken 1983 als Lehrer mit dem „Zweiten Gesicht“ in David Cronenbergs Dead Zone nach Stephen King. In den letzten Jahren ist es vor allem Abel Ferrara, der Walken die interessantesten Rollen gibt. So etwa als neuzeitlicher Vampir in The Addiction oder als Oberhaupt einer Mafia-Familie in The Funeral. Eckhard Haschen

„Projekt Brainstorm“: Sonntag, 21.15 und Montag, 22 Uhr. „Die durch die Hölle gehen“: Mittwoch, 19 Uhr. Alle Filme im Metropolis