herr tietz macht einen weiten einwurf
: Die Machenschaften des IM Kaiser

FRITZ TIETZ über all die wunderbaren Sportereignisse, die im nächsten Jahr leider nicht passieren werden

Fritz Tietz ist 46 Jahre alt, lebt als Nachfahre ostpreußischer Einwanderer in der Nordheide und treibt gelegentlich Sport

„Wenn sich das Jahr zum Ende neigt, der Bauer in die Wanne steigt,“ lautet die traditionelle Jahresendlosung in der Landwirtschaft, und mal abgesehen davon, ob die Bauersleute tatsächlich das Jahr in der Badewanne ausklingen lassen, will man es auch gar nicht so genau wissen. Selbiges gilt sicher für den Sport, und mal abgesehen davon, dass das nach der eh schon ziemlich kryptischen Eröffnung dieser Jahresendkolumne eine reichlich gewagte Überleitung ist, ist es doch in gewissem Sinne wirklich so: Allzu genau will man gar nicht wissen, wie dieser sportliche Erfolg (z. B. Lance Amstrongs Tour-Sieg) oder jene Auswärtsniederlage (Oberhausen in Aue) im letzten Jahr zustande kam. Und da bekanntlich das Wesentliche, um nicht zu sagen, das Schöne eines sportlichen Wettkampfs vor allem darin liegt, dass man vorher nicht weiß, wie es nachher ausgeht, sollte man sich im Grunde auch jegliche Sportprognose fürs kommende Jahr sparen. Es kommt sowieso ganz anders.

Trotzdem will ich mich nicht drücken und in dieser beschaulichen Zeit der Jahresrückschauen und -ausblicke auch etwas Senf aus meiner Tube dazu geben. Nicht auf das scheidende Sportjahr; das hat bereits das nationale Pathosfernsehen mit seinen obligaten Sport-Retrospektiven erledigt: bebildert wieder fast durchgehend in Superslomo und vertont einmal mehr unter ohrenbetäubendem Einsatz aller Lieblings-Hits der ausführenden Sportredakteure. Nein, hier wird nur sachlich nach vorne geschaut und einmal ganz nüchtern und bar jeder ohrbewurmenden Inbrunst konstatiert, was im Sportjahr 2005 garantiert nicht passieren wird.

Allein die Nichtgeschehnisse in Deutschlands Volkssport Nummer eins werden 2005 für keinerlei Furore sorgen. Obwohl ständig behauptet wird, dass im Fußball alles möglich ist, kann man sich auch im nächsten Jahr für ein zwar „über weite Strecken überlegen geführtes, aber letztlich knapp verlorenes Spiel“ nichts kaufen. Aber das nur nebenbei. Entscheidender sind andere Fußball-Ereignisse, die sich nicht zutragen werden. Dass Arminia Bielefeld Deutscher Meister wird und anschließend an die Börse geht ist ebenso ausgeschlossen wie die überraschend anberaumte Pressekonferenz von Oliver Kahn, auf der sich der Torwartgigant als erster deutscher Spitzenfußballer zu seiner Homosexualität bekennt. Nicht im Geringsten wird man auch erwarten können, dass Franz Beckenbauer 2005 alle Ämter niederlegen muss, weil er als ehemaliger IM Kaiser enttarnt wird, der jahrelang der Stasi zuarbeitete; die Niederlage der Nationalelf gegen die DDR 1974 wird somit auch im kommenden Jahr nicht damit zu erklären sein, dass Beckenbauer deren taktische Ausrichtung vor dem Anpfiff an die Zone verriet. Hundertpro nicht stattfinden wird 2005 auch die Konvertierung Jürgen Klinsmanns zum Islam und eine damit einhergehende arbeitsrechtliche Auseinandersetzung mit dem DFB, weil Klinsmann ein lange anberaumtes Trainingslager mit der Nationalmannschaft in Leverkusen wegen einer kurzfristig geplanten Pilgerreise ausfallen lassen will. Folglich wird später auch nicht bekannt werden, dass Klinsmanns Mekkatour in Wirklichkeit nach Pakistan gehen sollte, wo sich der deutsche Bundestrainer in einem Ausbildungszentrum der al-Qaida zum internationalen Topterroristen umschulen lassen wollte.

Was aber liegt 2005 sonst noch so nicht an in der großen Welt des Sports? Nun, das vorherzusagen fällt nicht schwer: Formel-1-Star Ralf Schumacher wird sich auf keinen Fall mit einer Michael-Schumacher-Maske maskieren, um einen Sexshop in Kerpen zu überfallen. Gleichfalls nicht zur Aufführung kommt jene Zukunftsmusik, wonach die Klitschko-Brüder 2005 zum Kirmesboxsport wechseln und die ARD nur die Senderechte für sämtliche Nachmittagsvorstellungen erhält, während alle Abendvorstellungen exklusiv an Premiere gehen. Ungeschält bleibt im nächsten Jahr mit an Wahrscheinlichkeit grenzender Sicherheit auch dieser Apfel: Das Ende vom Traumpaar des Sports, der Partnerschaftsabbruch zwischen Franzi und dem Tätowierten. Das wurde nämlich gerade noch 2004 erledigt.