„Schlimmer als die Estonia-Katastrophe“

Über 2.500 vermisste Pauschalurlauber aus Skandinavien, darunter viele Kinder. Ungewissheit herrscht auch über rund 10.000 Rucksacktouristen

STOCKHOLM taz ■ Schweden 1.500, Norwegen 800, Dänemark und Finnland je 200 Vermisste. „Ein Albtraum“ sind für Schwedens Ministerpräsidenten Göran Persson diese Zahlen. Norwegens Außenminister Jan Petersen sprach auch von „einer der größten Katastrophen für Norweger im Ausland“. Unter den Touristinnen und Touristen sind offenbar solche aus Skandinavien besonders betroffen.

Nach vorangegangenen öffentlichen Appellen an alle UrlauberInnen, sich dringend zu melden, hatte die Regierung in Stockholm an die Nummern aller sich vermutlich in Thailand und Sri Lanka befindlichen SchwedInnen mit Handyabonnement eine offizielle SMS mit der Aufforderung geschickt, unmittelbar Kontakt aufzunehmen. Jede Stunde, die ohne eine Rückmeldung verstrich, ließ die Hoffnung sinken, dass diese Reisenden sich noch am Leben befinden. Seit Dienstag konnten die Vermisstenzahlen kaum noch nach unten korrigiert werden. „Wir haben Angst, dass eine große Zahl von ihnen zu den Opfern gehören,“ sagte Ministerpräsident Persson.

Thailand und Sri Lanka sind beliebte Weihnachtsreiseziele: Es ist dort warm und billig. Über 30.000 hatten sich in der Katastrophenzone aufgehalten. Zwei Drittel davon als Pauschaltouristen. Es sind sie, auf die sich die Vermisstenzahlen gründen. Noch keinen Überblick hat man über die rund 10.000 UrlauberInnen, die auf eigene Faust unterwegs sind. Alf Ingesson Thor von der Reiseversicherung „Nordic Assistance“ befürchtet für Nordeuropa eine Katastrophe „schlimmer als der ‚Estonia‘-Untergang“. Er habe allein in Phuket hunderte von SchwedInnen getroffen, die Angehörige vermissten. Kinder hätten ihre Eltern verloren, Eltern suchten verzweifelt nach ihren Kindern.

Die ersten zehn Kinder, die mit ihren Eltern in den Weihnachtsurlaub geflogen waren und als Waisen zurückkehrten, trafen am Mittwoch in Göteborg ein. Allein 400 der 1.500 vermissten SchwedInnen sind Kinder. REINHARD WOLFF