Schröder schickt Soldaten

Im Katastrophengebiet werden noch 1.000 Deutsche vermisst. Der Kanzler kommt aus dem Urlaub zurück und präsentiert sich als Helfer

AUS BERLIN DANIEL ZWICK

Die Bundesregierung verstärkt ihre Hilfen für die Katastrophengebiete. Bundeskanzler Schröder kündigte gestern an, die Soforthilfe für die Länder am Indischen Ozean von 2 auf 20 Millionen Euro aufzustocken.

Zusätzlich zum Technischen Hilfswerk und der Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) will der Kanzler auch die Bundeswehr in die Region schicken. Techniker und Ärzte der Armee sollen dort „auch für längere Zeit“ Lazarette und Trinkwasseraufbereitungsanlagen betreiben. Um die betroffenen Länder zu entlasten, will er außerdem bei der Sitzung des Pariser Clubs im Januar ein Schuldenmoratorium für Indonesien und Somalia vorschlagen.

Mehr als 8.000 deutsche Touristen verbrachten Weihnachten rund um den Indischen Ozean – von 1.000 fehlt noch immer jede Spur. Um diese Nachricht zu verkünden, brach Schröder seinen Urlaub in Hannover ab und kehrte ins Kanzleramt nach Berlin zurück. Gestern besuchte er den Krisenstab im Auswärtigen Amt, den Außenminister Fischer leitet.

Bisher seien 26 tote Deutsche identifiziert worden, sagte Schröder. „Es ist zu befürchten, dass eine deutlich dreistellige Zahl Deutscher unter den Toten sein wird.“

Die Reiseveranstalter brachten bis gestern den größten Teil der überlebenden Touristen aus Südasien zurück. „Wir haben in den Sondermaschinen jeden Deutschen mitgenommen, der am Flughafen wartete – auch Backpacker und Kunden anderer Veranstalter“, sagte ein Sprecher von Thomas Cook der taz. Mit dem Reisekonzern waren rund 4.000 Touristen in den betroffenen Ländern unterwegs. Die letzten Sonderflüge aus Thailand sind für heute geplant.

Auch der Bund setzte gecharterte Sondermaschinen ein, um Urlauber aus Deutschland und anderen europäischen Ländern zurückzubringen.

Besonders auf der Insel Phuket und in Khao Lak in Thailand werden viele Touristen vermisst. Allein in der vorwiegend von Deutschen bewohnten Hotelanlage „Magic Lagoon Khao Lak“ könnten mehr als 200 Menschen gestorben sein. Von den über 400 Gästen seien bis Dienstagabend nur 151 lebend gefunden worden, teilte der Betreiber des Hotels mit.

Die in der Hitze aufgeblähten Wasserleichen sind oft nur noch schwer zu identifizieren. Deswegen sandte das Bundeskriminalamt (BKA) gestern weitere Experten zum Identifizieren von Leichen nach Thailand. Die 27 Spezialisten sollten gemeinsam mit einem vierköpfigen Vorauskommando in der Region von Phuket und Khao Lak unter hunderten von ausländischen Opfern nach deutschen Touristen suchen und sie identifizieren. Fischer dämpfte Hoffnungen, die Leichname könnten alle nach Deutschland zurückkommen. „Das Meer hat manche nicht mehr hergegeben“, sagte er.

Schon am Dienstag hatte die Bundesregierung zwei gecharterte Flugzeuge mit Ärzten, Kriseninterventionskräften, Konsularbeamten und medizinischer Ausrüstung nach Phuket gesandt. Auch ein Lazarettflugzeug der Bundeswehr ist inzwischen in Thailand eingetroffen. Es pendle so oft wie nötig zwischen Thailand und Deutschland, sagte Fischer gestern in Berlin. Ein zweites Bundeswehrflugzeug sei startbereit.

Schröder betonte, dass auch Betroffene aus anderen Europäischen Staaten mit deutscher Hilfe rechnen könnten. Er habe dem schwedischen Ministerpräsidenten Persson seine Unterstützung zugesagt. Wegen der Katastrophe am Indischen Ozean sagte Schröder außerdem einen für Neujahr geplanten Besuch beim österreichischen Bundeskanzler Schüssel ab.