HERMANN-JOSEF TENHAGEN HAUSHALTSGELD
: Knietief im Dispo

DIE BANKEN SOLLTEN VON DEN DISCOUNTERN LERNEN, DIE SCHREIBEN IHRE PREISE SO GROSS, DASS MAN SIE SIEHT

Die Europäische Zentralbank liebt uns Verbraucher. So sehr, dass sie uns ganz viel Geld ganz billig leihen will. Allein die systemrelevanten Briefboten, die das Geld vorbeibringen sollen, die funktionieren nicht so richtig. Während nämlich die EZB ihre Zinsen auf 1 Prozent gesenkt hat, nehmen die Geldhäuser von ihren Kunden im Schnitt 11 Prozent Dispozinsen. Woher ich das weiß? So was rechnet die Bundesbank jeden Monat neu vor.

Ohne die Bundesbank oder meine Kolleg/inn/en bei der Stiftung Warentest wäre ich in solchen Fragen auch aufgeschmissen. Denn die Kreditinstitute verschweigen am liebsten, wie viel Zinsen sie von ihren treuen Kunden mit den Girokonten nehmen. Bei der Berliner Sparkasse, derzeit Spitzenreiter, bezahlen die Kunden 14,5 Prozent Zinsen für den Dispo-Kredit und 19,5 Prozent für die geduldete Überziehung. Das steht allerdings nicht draußen dran.

Auch wenn Sie auf der Homepage nachgucken wollen, wird dieser Zins nicht genannt. Aber ganz unten auf der Seite finden Sie in Sechs-Punkt-Schrift die Rubrik „Konditionen & Preise“. Dort finden Sie die Angaben zum Dispozins.

Andere Banken verstecken ihre Preise noch besser. Auf der Homepage der Sparkasse Pforzheim Calw habe ich zwanzig Minuten vergeblich die Angaben zum Dispozins gesucht. Dabei haben die Nordbadener keinen Anlass, ihre Preise zu verstecken, sie haben den Zins im letzten halben Jahr gesenkt. Gut, dass es im Supermarkt nicht so kompliziert ist, Preise zu finden.

Genau andersherum gehen die Hypovereinsbank und die ING Diba vor. Die Hypo lenkt von der Homepage einfach zum Preisverzeichnis, der Dispo kostet 11,05 Prozent, deutlich weniger als vor einem Dreivierteljahr. Bei der ING Diba gibt es sogar einen Link Girokonto. Und auf der Girokonto-Seite einen Link zum Dispozins. Die Frankfurter Banker haben ihre Zinsen allerdings zuletzt heraufgesetzt, im vergangenen September. Trotzdem liegen sie bei auch heute noch günstigen 9,5 Prozent.

Vergleichen bleibt mühselig. Als Kunde wünscht man sich, die Banken würden ein bisschen von Aldi und Rewe lernen und ihre wichtigsten Preise plakatieren. Bis dahin gehe ich immer zu meinen Kolleginnen bei Finanztest. Stephanie Pallasch vergleicht einmal im Jahr Girokonten und sucht mit mehreren Kolleginnen (und mit viel Mühe und Hartnäckigkeit) solche Daten zusammen. Im April haben sie dann sogar im Bundestag nach ihren Dispozins-Tabellen gefragt, und sie hat vor dem Verbraucherausschuss des Parlaments die Ergebnisse aus ihrer Datenbank vorgestellt. Um 3 Prozent hatte die EZB bis dahin die Zinsen gesenkt. Und die Banken? Hatten um 0,8 Prozent nachgegeben. Weil wir Verbraucher privat alle miteinander mit knapp 50 Milliarden Euro im Dispo sind, bringt das für die Banken eine gute Milliarde Euro zusätzlich.

Wenn Sie das Geld lieber behalten wollen, statt Ihrer Bank zu helfen, dann gibt es zwei Möglichkeiten. Entweder Sie sprechen mit Ihrer Bank und verlangen für sich Abhilfe. Das klappt für gute Kunden erstaunlich oft. Oder Sie gehen mit dem Konto tatsächlich zur Konkurrenz. Selbständige und unabhängige Banken, so genannte PSD- und Direktbanken, bieten oft Zinssätze unter 10 Prozent. Das ist günstig. Den jährlichen großen Girokontentest finden Sie unter www.test.de.

■ Der Autor ist Chefredakteur von Finanztest und taz-Aufsichtsrat Foto: Karsten Thielker