Kaum Chancen mit 1-Euro-Jobs

Mit „Integrationsjobs“ sollen in Köln künftig mehr Arbeitslose eine reguläre Anstellung finden. Doch die Erfolgsaussichten sind gering. Und so mancher 1-Euro-Job macht der Privatwirtschaft Konkurrenz

Von Susanne Gannott

Mit Hartz IV sollen Arbeitslose, so sagen Befürworter des Gesetzespakets, nicht nur gefordert, sondern auch gefördert werden. In Köln, verspricht der Chef der Kölner Agentur für Arbeit, Peter Welters, würden die Arbeitslosen sogar weit über das verlangte Maß hinaus gefördert: Alle Unter-25-Jährigen und 40 Prozent der Älteren sollen sofort ein Arbeits-, Ausbildungs- oder Förderangebot bekommen. Dabei verlangt der Bund eigentlich nur 50 Prozent bei den Jugendlichen und 23 Prozent bei den Über-25-Jährigen.

Die neue Kölner Arbeitsgemeinschaft von Sozialamt und Arbeitsagentur (ARGE) plant im Jahr 2005 Maßnahmen für 25.000 „Förderfälle“. Bei 50.000 Empfängern von Arbeitslosengeld II kann rein rechnerisch also jeder Zweite beschäftigt werden. So sollen arbeitsfähige Arbeitslose „fit für den ersten Arbeitsmarkt“ werden, sprich: ihre Chancen auf eine reguläre Anstellung verbessern.

Dafür hat die ARGE verschiedene „Instrumente“ zur Hand. Das Programm „Hilfe in Arbeit oder Ausbildung“ etwa: Hier versuchen die Beschäftigungsträger – also Vereine wie „Zug um Zug“ oder der Ehrenfelder Verein für Arbeit (EVA) – in den 25 Jobbörsen der Stadtbezirke freie Stellen bei lokalen Arbeitgebern zu akquirieren. Diese Methode hat sich in der Vergangenheit zumindest als mittelmäßig erfolgreich erwiesen. Allerdings glaubt AA-Chef Welters nicht, dass der Arbeitsmarkt in naher Zukunft nach „mehr Vermittlung in Arbeit verlangen wird“.

Ähnlich dürfte es beim zweiten Förderinstrument, den „beschäftigungsbegleitende Leistungen“, aussehen. Hier zahlt die ARGE dem Arbeitgeber einen Lohnkostenzuschuss, wenn er einen Arbeitslosen einstellt. Das macht die Arbeitskraft billiger, aber trotzdem muss der Bedarf am Arbeitsmarkt erst einmal da sein. Die dritte Fördermethode, die „Qualifizierung“ durch Fort- und Weiterbildung, ist der ARGE inzwischen zu teuer und soll nur noch gemacht werden, „wenn es unbedingt erforderlich ist“, wie Welters sagt.

Stattdessen will die ARGE ihren Schwerpunkt auf die so genannten „Integrationsjobs“, besser bekannt als „1-Euro-Jobs“, legen – die vierte Fördermethode. Ein Viertel der vorhandenen Integrationsmittel vom Bund, rund 100 Millionen Euro, ist dafür bereits fest eingeplant. Schon jetzt haben die Kölner Beschäftigungsträger rund 2.000 solcher „Arbeitsgelegenheiten“ im Angebot, mindestens 4.000 sieht das neue Arbeitsmarktprogramm der ARGE für 2005 vor.

Diese „Integrationsjobs“, das betont auch die ARGE immer wieder, müssen zwei Kriterien erfüllen: Sie müssen gemeinnützig sein, denn sonst könnte sich ja jeder Privatmensch oder private Arbeitgeber seine „Billigsklaven“ mieten. Und sie müssen „zusätzliche“, sprich: marktferne, Dienstleistungen oder Produkte anbieten. Sonst würden die 1-Euro-Jobber mit ihrem unschlagbar billigen Angebot nicht nur innerhalb eines Betriebs reguläre Arbeitsplätze verdrängen, sondern auch die Wettbewerbssituation auf dem Markt überhaupt verzerren – und privatwirtschaftliche Betriebe mit derselben Produktpalette in den Ruin treiben.

Genau an diesen Anforderungen scheitern die „Integrationsjobs“ regelmäßig. Beispiel Parkfegen: Sozialhilfeempfänger werden schon heute zur Pflege der städtischen Grünflächen eingesetzt. Das ist zwar gemeinnützig und vermutlich auch marktfern, denn das Grünflächenamt hat sicher keine hauptamtlichen Mitarbeiter für Parkfegen. Aber für welche Tätigkeit oder Beruf qualifiziert einen das?

Anderes Beispiel: In Bonn sollen Arbeitslose in den öffentlichen Verkehrsmitteln als Schaffner beschäftigt werden. Das ist ein ausgestorbener Beruf und von daher ziemlich marktfern. Mit einiger Phantasie kann man eine solche Tätigkeit auch als gemeinnützig bezeichnen. Kölns Sozialdezernentin Marlis Bredehorst kann sich das auch für Köln vorstellen, gerade für Leute ohne berufliche Qualifikation, „denn der Arbeitsmarkt gibt für solche Menschen wenig her“. Aber wie bei den Parkfegern dürfte auch die Zukunftsperspektive für Schaffner gleich null sein – es sei denn, die KVB schafft ihre Automaten wieder ab.

Es gibt allerdings auch „Integrationsjobs“, die nicht so marktfern sind. Im Handwerk oder Baugewerbe etwa bieten Beschäftigungsträger schon jetzt eine Beschäftigung nach diesem Modell an. So wurde das neue Bürgerzentrum Altenberger Hof in Nippes von Sozialhilfeempfängern erbaut, erzählt Bredehorst. Eigentlich ein Unding, macht die Stadt doch mit ihren zwangsverpflichteten Erwerbslosen dem Baugewerbe Konkurrenz. Aber warum wurde der Auftrag nicht an eine Baufirma vergeben? Antwort Bredehorst: „Weil die Stadt für so etwas kein Geld hat.“