Wutprobe mit knapper Not bestanden

Alba Berlin setzt sich in einer hektischen, nervösen und noch nach der Schlusssirene eruptiven Basketballpartie gegen die Artland Dragons mit 80:77 durch und holt sich etwas Selbstvertrauen für das wichtige Uleb-Cup-Match morgen in Dunkerque

VON MATTI LIESKE

Dem im wahrsten Sinne des Wortes Seuchenmonat Dezember – immerhin war es zunächst ein Magen-Darm-Virus, der den basketballerischen Spielfluss hemmte – ist Alba Berlin glücklich entronnen. Nur ein Sieg in sechs Spielen war da gelungen – kein Wunder, dass beim ersten Match des Jahres vor 6.110 Zuschauern in der Max-Schmeling-Halle die Nerven blank lagen.

Komischerweise allerdings vor allem bei den Gästen aus Quakenbrück, die eigentlich wenig Grund zur Unzufriedenheit mit ihrer Situation haben. Während Alba nach dem schmählichen Fauxpas des Titelverlusts in der vergangenen Saison als Tabellenvierter noch ein gutes Stück davon entfernt ist, den Beweis anzutreten, dass es nach wie vor nicht nur das teuerste, sondern auch das beste Team der Bundesliga stellt, läuft bei den Artland Dragons alles vorzüglich. Nur einen Rang hinter Alba platziert, sind sie in ihrer zweiten Erstliga-Saison auf dem besten Wege, ihr großes Ziel, die Play-offs, zu erreichen. Eine knappe 77:80-Niederlage in Berlin ist da keine Katastrophe, sollte man meinen.

Chris Fleming, der Trainer der Dragons, war anderer Meinung. Weil er sich in der Schlussphase von den Schiedsrichtern schwer benachteiligt fühlte, vollführte der 34-Jährige einen mit vielen „Fuck-yous“ unterlegten Veitstanz, insultierte lauthals die Referees sowie Alba-Coach Emir Mutapcic und schubste Teammanager Henning Harnisch, der mäßigend einschreiten wollte, rüde hinfort, um ihm kurz darauf Prügel anzubieten. „Das ist sehr schlecht für den Basketball“, rügte Mutapcic in der Pressekonferenz und bedankte sich sarkastisch bei den Schiedsrichtern für den Sieg und „für alle anderen Siege auch“. Zudem ließ er es sich nicht nehmen, mehrmals süffisant darauf hinzuweisen, dass Fleming seit kurzem für die U 20 des Deutschen Basketball-Bundes und damit die Heranbildung des Nachwuchses zuständig ist. Ansonsten war der Alba-Trainer heilfroh, dass seinem verunsicherten Team eine weitere Niederlage erspart geblieben war.

Recht hatte Mutapcic damit, dass der Sieg insgesamt verdient war. Auch wenn die Sache am Ende sehr knapp ausging und Artland-Rambo Fleming nicht ganz falsch lag, was die Schiedsrichterentscheidungen gegen sein Team in den letzten Minuten betraf, hatten die Berliner die Partie die meiste Zeit beherrscht. Wild entschlossen, die Fehler der Vergangenheit nicht zu wiederholen, waren sie aggressiv und konzentriert ins Spiel gegangen, was sich vor allem an der Überlegenheit bei den Rebounds zeigte. 43 hatte sich am Ende Alba geschnappt, 29 Quakenbrück. Dragons-Spielmacher Michael Jordan, der sich mit seinem Namen abgefunden hat und nun sogar die Nummer 23 trägt, wurde gut verteidigt und kam kaum zur Geltung. Mehrfach ging Alba zweistellig in Führung. Doch jedes Mal, wenn das Match gewonnen schien, verloren die Berliner prompt den Faden, schlampten in Offensive wie Defensive, vergaben großzügig Freiwürfe und ließen die Gäste wieder herankommen. Mit 20 Punkten müsse man so ein Match gewinnen, zürnte Harnisch, dann würde es Szenen wie jene in der Schlussphase überhaupt nicht geben.

„Die Mannschaft hat nervös gespielt, aber gekämpft“, sagte Mutapcic, der nun hofft, dass der Sieg in einem solch engen Spiel Selbstvertrauen für die nächsten Aufgaben verleiht. Benötigt wird es schon morgen, wenn im Uleb-Cup das Spiel bei Gravelines Dunkerque ansteht. Nach perfektem Start im Europacup mit vier Siegen hat sich Alba durch die folgenden drei Niederlagen in eine prekäre Situation gebracht. Noch eine Pleite könnte das Aus bedeuten. Die Franzosen haben zwar keine Chance mehr auf die nächste Runde, trumpften jedoch dank ihres verspätet verpflichteten Nationalspielers Laurent Sciarra zuletzt stark auf. 22 Ballverluste und eine bloß 60-prozentige Freiwurfquote wie gegen die Gift und Galle speienden Drachen aus Quakenbrück kann sich Alba in Dunkerque gewiss nicht leisten.