Freie Plätze an Mattscheibe und Schanze

Das Interesse am Skispringen geht deutlich zurück, dem Deutschen Skiverband (DSV) ist jedoch (noch) nicht bang

GARMISCH dpa ■ Nach den Jahren des Booms ist der Skisprung in Deutschland wieder in der Normalität angekommen. Sowohl beim Auftakt der Vierschanzentournee in Oberstdorf als auch beim Neujahrsspringen in Garmisch-Partenkirchen blieben ungewohnt viele Plätze an der Schanze frei, und in den heimischen Wohnstuben fieberten wesentlich weniger Zuschauer vor den Fernsehgeräten mit als in den Jahren zuvor.

Thomas Pfüller sieht für die Sportart dennoch nicht schwarz. „Wir sind weit von einer Krise entfernt“, erklärte der Sportdirektor im Deutschen Skiverband (DSV). Allerdings wurde beim Springen am Fuße der Zugspitze deutlich, dass die große Euphorie verflogen ist. Bei der Qualifikation verloren sich lediglich 2.000 Zuschauer im weiten Rund, der Wettkampf war erstmals seit Jahren nicht ausverkauft. Auch die Einschaltquoten sanken dramatisch. Bei der Qualifikation musste RTL einen Rückgang von etwa einer Million TV-Konsumenten gegenüber dem Vorjahr verzeichnen. Im Wettkampf waren es im ersten Durchgang mehr als zwei Millionen Zuschauer weniger als beim Neujahrsspringen 2004, die guten Sprünge von Georg Späth und Michael Uhrmann milderten jedoch offenbar den Quotensturz. Den zweiten Durchgang sahen 6,90 Millionen, damit betrug das Defizit gegenüber dem Vorjahr aber noch immer 800.000 Zuschauer. 7,70 Millionen hatten den Sprung ins Jahr 2004 bei RTL erlebt, beim Neujahrsspringen 2003 hatten die Skispringer noch das Interesse von 10,47 Millionen TV-Zuschauer geweckt.

„Natürlich spielt dabei eine Rolle, dass Sven Hannawald nicht mehr springt“, nannte Pfüller einen wichtigen Grund für das rückläufige Interesse. Eine weitere Ursache sieht er darin, dass vielen Menschen das Geld nicht mehr so locker in der Tasche sitzt. „Dass die Stadien nicht ausverkauft sind, liegt doch nicht daran, dass schlechter Sport geboten wird oder die deutschen Springer nicht mehr so gut sind. Da muss man auch die angespannte wirtschaftliche Lage in Deutschland sehen“, meinte Pfüller.

Als Glücksfall für den DSV erweist sich in dieser Situation der bis 2007 laufende Fernsehvertrag mit RTL, der dem Verband in zehn Jahren 77 Millionen Euro einbringt. Einen vorzeitigen Ausstieg des Senders befürchtet Pfüller nicht. „Dafür gibt es überhaupt keine Anzeichen. Ich gehe davon aus, dass die bisher hervorragende Partnerschaft bis zum Ende fortgesetzt wird“, sagte der DSV-Generalsekretär.

Pfüller rechnet zudem fest damit, dass die Verbandskasse auch danach ordentlich gefüllt sein wird. „Man muss das Gesamtpaket betrachten. Wir haben im alpinen Damen-Bereich, in der Nordischen Kombination und im Langlauf, die bislang vom Skisprung profitiert haben, ein ganz anderes Potenzial als zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses. Der neue Kontrakt wird sich daher in einem ähnlichen Rahmen bewegen“, ist Thomas Pfüller überzeugt.