SUDAN: IM SÜDEN SCHWEIGEN DIE WAFFEN. DAS GENÜGT NICHT
: Langer Weg zum halben Frieden

Der endgültige Waffenstillstand, den die Regierung des Sudan mit den SPLA-Rebellen des Südsudan unterzeichnet hat, macht deutlich: Der südsudanesische Friedensprozess ist unumkehrbar. Eine Autonomie wird dieses Jahr kommen. Aber Vorsicht ist geboten. Was die Kriegsparteien zu Silvester 2004 unterzeichneten, war einfach die Bestätigung ihres sowieso geltenden Waffenstillstandes, und es war noch nicht das politische Friedensabkommen an sich, in dem die Autonomie des Südens unter Rebellenführung festgeschrieben ist. Dessen Unterzeichnung ist für den 9. Januar angesetzt. Und dann beginnt erst einmal eine „Vorlaufperiode“ unbestimmter Dauer zur Vorbereitung, bevor zu einem noch unklaren Zeitpunkt der Friedensvertrag tatsächlich in Kraft tritt.

Da ist noch viel Zeit für neue Probleme. Das größte liegt nicht in Südsudan, sondern im Westen des Landes: Darfur. Der Krieg dort kann den „neuen Sudan“ sprengen, bevor er überhaupt zu existieren beginnt. In der Brutalität seiner ethnischen Säuberungen muten die zwei vergangenen Jahre Kriegsgeschehen in Darfur wie ein Schnelldurchlauf der 20 Jahre Krieg im Süden an, und kein Ende ist in Sicht. Vielmehr dürften Darfurs Rebellen, verbündet mit der südsudanesischen SPLA, sich zu neuer Kompromisslosigkeit ermutigt fühlen, um Autonomie auch für den Westsudan zu erkämpfen. Während der Südsudan aus Sicht Khartums ein fernes, verzichtbares Anhängsel des eigentlichen Sudan darstellt, berührt Darfur das Selbstverständnis des arabischen Nordsudan und damit die Machtbalance in Khartum selbst.

Die einzige Lösung der Darfur-Krise wäre eine föderale Neugestaltung des ganzen Landes. Aber genau dies ist aus Sicht Khartums ausgeschlossen. Der Frieden in Südsudan ist für Khartums Hardliner nur akzeptabel, weil er eine Sonderregelung darstellt. Aber gerade als Sonderregelung hinterlässt er einen Sudan, der in dieser Form nicht überlebensfähig ist – mit der Ungleichbehandlung verschiedener rebellischer Landesteile. Langfristig also kommt Sudans Gesamtstaat auf den Prüfstand, oder Khartum wird den Rückwärtsgang einlegen. Und dann wäre es mit dem Frieden auch im Süden schnell wieder vorbei. DOMINIC JOHNSON