Glaube und Job verloren

Das Erzbistum Paderborn kündigt allen Putzfrauen. Fremdreinigungsfirmen bekommen den Zuschlag. Die Bistumsangestellten sind geschockt

„Das Welt-, Glaubens und Selbstbild der Putzfrauen ist ins Wanken geraten“

VON HUBERTUS GÄRTNER

Der Sparkurs der katholischen Kirche im Erzbistum Paderborn hat nun auch die Putzfrauen getroffen. Alle Reinigungskräfte, die bislang in katholischen Schulen und Bildungshäusern beschäftigt waren, werden in nächster Zeit ihre Kündigung erhalten. In Zukunft will die Kirche ihre Gebäude von Fremdreinigungsfirmen säubern lassen, deren Kolonnen erheblich preiswerter arbeiten. Gegen die Entlassungswelle regt sich bereits Widerstand.

Mit den Kündigungen werde „eine Grundsatzentscheidung für alle Reinigungskräfte“ sukzessive umgesetzt, sagt ein Sprecher des Paderborner Erzbistums. Die Entscheidung sei bereits vor einiger Zeit gefallen. „Aus Kostengründen“ werde in den katholischen Bildungseinrichtungen nun bei neuen Ausschreibungen die Firma mit dem günstigsten Angebot zum Zuge kommen.

Wie viele Putzfrauen im Erzbistum von den Kündigungen betroffen sind, konnte der Sprecher nicht sagen. Über einen exakten Überblick verfüge im Paderborner Generalvikariat nur die „Hauptabteilung Schule und Erziehung«, jedoch seien die meisten der Mitarbeiter dieser Einrichtung noch in den Ferien.

Der taz liegt bereits die Kündigung einer 60-jährigen Putzfrau vor. Sie war 15 Jahre lang in einem katholischen Berufskolleg in Paderborn als Putzfrau beschäftigt und erhielt einen Tag nach Weihnachten ihre Kündigung „aus betriebsbedingten Gründen“. Zur Begründung hieß es, die Gebäudereinigung in dem Berufskolleg solle zum 1. Juli dieses Jahres „vollständig einer Fremdreinigungsfirma übertragen“ werden.

Vor wenigen Tagen räsonierte der Paderborner Erzbischof Hans-Josef Becker in einer Festpredigt über die Frage, warum das christliche Weihnachtsfest „nicht nachhaltiger“ wirke? Fragen zur Nachhaltigkeit stellen sich nun auch für die Mitarbeitervertretung des Berufskollegs. Den Anforderungen an das „wirtschaftliche und solidarische Handeln der Kirchen“ werde bei den Kündigungen der Putzfrauen „keine Rechnung getragen«, moniert die Mitarbeitervertretung: „Vor allem irritiert uns, dass gerade gegenüber den Gering-Verdienenden mit einer solchen Härte vorgegangen wird“, heißt es in einem Schreiben, das die Mitarbeitervertretung vor Heiligabend an den Paderborner Generalvikar Alfons Hardt geschickt hat.

Darin wird auch auf die jüngsten Verlautbarungen der Bischofskonferenz und des Rates der Evangelischen Kirche (EKD) Bezug genommen – dort heißt es, die Kirchen müssten „auch ihr eigenes Handeln in wirtschaftlicher und sozialer Hinsicht bedenken“. Der Vorsitzende der Bischofskonferenz, Kardinal Lehmann, geißelte die „neoliberale Ökonomie“ und forderte „mehr Tugenden“ in der Wirtschaft.

Auch die katholischen Reinigungskräfte würden die Worte des Oberhirten gerne unterschreiben: Sie verstehen sich „als gläubige, praktizierende Christen“. Aber leider sei ihr „Welt-, Glaubens- und Selbstbild“ nun durch die überraschenden Kündigungen zur Weihnachtszeit „erheblich ins Wanken geraten“, schreibt die Mitarbeitervertretung.

Ob nun auch der Paderborner Generalvikar und der Erzbischof Hans-Josef Becker ins Wanken geraten, bleibt abzuwarten. Die Grundsatzentscheidung zur Kündigung der Putzfrauen stehe jedenfalls fest, heißt es im Paderborner Generalvikariat.