Hiwis für einen Euro

An Thüringens Universitäten betreuen Ein-Euro-Jobber Laborversuche und organisieren Lehrveranstaltungen

BERLIN taz ■ Sie schneiden auf dem Campus den Rasen, ordnen Bücher in der Bibliothek und werkeln im Labor: An drei Thüringer Hochschulen sind die Ein-Euro-Jobber angekommen. Sie bekommen zwischen ein und zwei Euro die Stunde, zusätzlich zum Arbeitslosengeld II. Manche dieser Stellen scheinen Hiwi- oder gar Assistentenposten zu entsprechen. Dabei soll die Ein-Euro-Tätigkeit Erwerbslosen laut Gesetz eine zusätzliche Möglichkeit bieten, im Arbeitsleben Fuß zu fassen. Auf keinen Fall soll sie reguläre Stellen ersetzen.

Aber genau in diesem Ruch steht die Beschäftigung der rund 40 Jobber an Thüringens Hochschulen. An der FH Jena helfen die billigen Arbeitskräfte beim Ausarbeiten von Lehrveranstaltungen und betreuen chemische Versuche. An der Uni Erfurt organisieren sie Konferenzen mit, in der Universitäts- und Landesbibliothek in Jena beteiligen sie sich an Restaurierungsarbeiten.

„Moralisch bedenklich“ findet das Marlis Bremisch von der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft Thüringen. Qualifizierte Arbeitskräfte sollten entsprechend bezahlt werden. Doch für reguläre Stellen fehle das Geld, seit die Landesregierung die Mittel auf dem Stand von 2001 einfror. Erlagen die Unis also der Versuchung, durch Billigarbeit viel Geld zu sparen?

Ein fest angestellter Mitarbeiter einer Thüringer Universität, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen will, bestätigt dies: „Ohne die Hilfe des Ein-Euro-Jobbers hätte ich eine 80- statt 60-Stundenwoche“, sagt er. Wenn das Budget aufgebraucht sei, könnten eben keine zusätzlichen regulären Stellen geschaffen werden.

Die betroffenen Hochschulen wollen von einem falschen Einsatz der Billig-Jobber freilich nichts wissen. Jens Panse, Sprecher der Uni Erfurt, behauptet: „Das sind Tätigkeiten, die sonst nicht gemacht würden.“ Michael Möhwald, Vorsitzender des Personalrats der FH Jena, kann „für unsere Einrichtung Missbrauch nicht bestätigen“. Auch die Friedrich-Schiller-Universität Jena will regelkonform gehandelt haben.

Schützenhilfe leistet das Thüringer Kultusministerium: „Die Qualität von Forschung und Lehre kann man mit Ein-Euro-Jobs gar nicht sichern“, heißt es dort. Auch Kultusminister Jens Goebel (CDU) wiegelt ab: Die „vom Gesetzgeber geforderten Arbeitsmerkmale“, Zusätzlichkeit und Gemeinnützigkeit, seien erfüllt.

Was aber „zusätzlich“ bedeutet, ist im Einzelfall schwer zu sagen. Auch Michael Möhwald von der FH Jena räumt ein: „Das ist ein dehnbarer Begriff.“

JOHANNES HONSELL