deutsche fluthilfe
: Wenn Egoisten spenden

Da wollte sich auch der Kanzler nicht lumpen lassen. 500 Millionen Euro will die Regierung für die Flutopfer aufbringen. Keine Rede von Sparpaketen oder Maastricht-Kriterium: Wie das finanziert wird, will Gerhard Schröder später klären. Dankbar sei er für die Hilfe und stolz: Das Ausmaß der deutschen Spenden sei „einmalig in der Welt“.

KOMMENTARVON MATTHIAS URBACH

Bei der Welle der Hilfe scheint inzwischen das Prestige eine wesentliche Rolle zu spielen. Wenn die Bundesbürger schon 160 Millionen Euro sammeln, allein Michael Schumacher 7,5 Millionen spendet, dann wirken die 20 Millionen, die die Bundesregierung zunächst als Nothilfe vorsah, doch etwas mickrig. Und hatten nicht die USA 260 Millionen Euro, Japan gar 370 Millionen versprochen? Wenn eine Regierung da hinterherkleckert, muss sie schon aus Imagegründen noch etwas drauflegen. Und prompt übertraf Australien Deutschland ein paar Stunden später mit einer Hilfszusage von 577 Millionen Euro – allein an Indonesien.

Doch wer will die Motive in Frage stellen, wenn das Ergebnis so vortrefflich ist. Alles wirkt inzwischen fast eine Nummer zu groß. Vermutlich werden allein die deutschen Spenden schon bald die Hilfe nach der Elbflut 2002 übertreffen. Weltweit zusammengenommen stellt die Hilfe ohnehin alles in den Schatten. Ja selbst zum Trauern reichte gestern nicht mehr eine Minute, es mussten drei sein.

Vielleicht wäre es gut, einen Teil der Hilfsbereitschaft langsam wieder in den Sudan, in den Kongo oder nach Uganda zu richten, wo die Not nicht minder drängend ist. Die außergewöhnliche Katastrophe im Indischen Ozean, die durch Ferntourismus, Videokameras und Nachrichtensender in unseren Wohlstand eingebrochen ist, sollte uns ein Anstoß sein, uns künftig mehr um die Opfer auch weniger spektakulärer Notlagen zu kümmern.

Vielen Bürgern wird es ähnlich gegangen sein wie der Bundesregierung. Die Spenden aus dem Freundeskreis stellen selbst notorische Egoisten vor die Frage, ob sie nicht besser auch eine Überweisung ausfüllen. Wir sollten uns freuen, dass Hilfe für die Schwachen auch zu einer Frage der Ehre geworden ist.

Zugesagte Hilfen zur Armutsbekämpfung aufzubringen war der Bundesregierung bisher nicht gerade wichtig: Nur 0,28 Prozent seiner Wirtschaftsleistung steckt Deutschland in Entwicklungshilfe – dabei hat es sich zum UN-Ziel von 0,7 Prozent verpflichtet. Es wäre schön, wenn der Kanzler auch hier dem Beispiel anderer Länder folgte.