Senat hustet sauberer Luft was

Zwar präsentiert er Ende Januar einen neuen Luftreinhalteplan, drückt sich aber vor Fahrverboten oder Mautgebühren. Dabei setzt eine neue EU-Regelung strengere Grenzen für Feinstaubbelastung

von JULIANE GRINGER

Berlins Luft ist schmutzig, der Senat aber geht nur halbherzig dagegen vor: In einem Luftreinhalteplan, der Ende Januar veröffentlicht werden soll, schlägt er vor, die öffentlichen Verkehrsmittel attraktiver, die Fahrradinfrastruktur Berlins besser und den Verkehr durch ein neues Leitsystem flüssiger zu machen. Lediglich Geschwindigkeitsbegrenzungen an ausgewählten Brennpunkten sind für die Verkehrsverwaltung darüber hinaus vorstellbar – Fahrverbote oder Mautgebühren für die Innenstadtstraßen aber keinesfalls.

Mit dem Luftreinhalteplan reagiert Berlin erst jetzt auf eine neue EU-Verordnung zur Luftverschmutzung in Städten. Seit 1. Januar dieses Jahres gilt, dass der Grenzwert von 50 Mikrogramm Schwebstaub pro Kubikmeter nur an bis zu 35 Tagen pro Jahr überschritten werden darf. Der feine Staub, der unter anderem in Abgasen von Dieselfahrzeugen ohne Rußfilter enthalten ist, kann beispielsweise Lungenkrebs verursachen (siehe Kasten). In Großstädten ist er durch starken Verkehr und Abgase von Heizanlagen kaum vermeidbar. Nach Berlin weht zudem noch reichlich belastete Luft aus Brandenburg und aus alten Industrieanlagen Polens. Beides verursacht etwa 50 Prozent der Staubmenge in der Hauptstadt.

„Eine Entlastung des Verkehrs wird es 2005 vor allem durch den neuen Tiergartentunnel geben“, sagt Manuela Damianakis, Sprecherin der Stadtentwicklungsverwaltung. Der Entwurf des Luftreinhalteplans sehe zudem mehr Parkraumbewirtschaftung in der Innenstadt sowie die Förderung von Erdgastaxis vor. „Und wir wollen den Verkehrsfluss an Knotenpunkten in Berlin durch veränderte Ampelschaltungen verbessern.“ Auch der Abrieb von Autoreifen hängt als Feinstaub in der Luft. Damianakis findet nicht, dass der Luftreinhalteplan zu spät kommt: „Wir haben noch Zeit zu reagieren. Die Grenzwerte müssen ja erst einmal an 35 Tagen überschritten werden. Wird der Sommer nicht heiß, ist das erst im Oktober zu erwarten.“

Scharfe Kritik kommt dagegen von Felicitas Kubala, der umweltpolitischen Sprecherin der Grünen: „An vielen Hauptverkehrsstraßen in Berlin werden die Grenzwerte über 100 Mal pro Jahr überschritten.“ Das sei bekannt, „deshalb braucht man auch nicht abzuwarten“, so Kubala. Die Staubkonzentration wird an verschiedenen Standorten wie in der Frankfurter Allee und in der Schildhornstraße regelmäßig gemessen. In der Frankfurter Allee wurden die Grenzwerte 2003 96 Mal überschritten, ein Jahr zuvor waren es noch 82 Mal. „Man kann davon ausgehen, dass es an anderen Straßen, die dicht bewohnt und auch stark verkehrsbelastet sind, ähnlich aussieht“, sagt Kubala.

Partikelfilter, die den Dieselruß aus den Abgasen filtern, können den Ausstoß fast auf null senken. Im Sommer vergangenen Jahres hatte die Grünen-Faktion in einem parlamentarischen Antrag gefordert, ab 2007 nur noch Dieselautos mit Filter auf den Innenstadtstraßen fahren zu lassen. „In dieser zweijährigen Übergangsfrist bliebe Zeit, um Fahrzeuge umzurüsten“, meint Kubala.