Neonazis vor Gericht

Vier Angeklagte müssen in Schweden nach dem verschärften Antiterrorgesetz mit hohen Strafen rechnen

STOCKHOLM taz ■ Vier Neonazis im Alter zwischen 19 und 23 Jahren stehen ab heute in Schweden wegen der Vorbereitung von Terroranschlägen vor Gericht. Die Gruppe hatte für eine „Volksrevolution“ den „Rassenkrieg“ anhand eines Fünf-Phasen-Plans geplant und Unterlagen für die Ermordung politischer Gegner gesammelt. Sie kamen bis zur Festnahme über die Realisierung der ersten Stufe jedoch nicht hinaus. Am vergangenen Mittwoch hatte die Staatsanwaltschaft im mittelschwedischen Västerås Anklage erhoben.

Infolge der verschärften Antiterrorgesetze nach dem 11. September 2001 wird die Vorbereitung von Terroranschlägen besonders hart bestraft, wenn „die grundlegende politische, verfassungsmäßige, wirtschaftliche und soziale Struktur des Staates ernsthaft destabilisiert und zerstört werden soll“. In diesem für Schweden ersten Fall müssen die Angeklagten mit einer Mindeststrafe von vier Jahren rechnen.

Nach Polizeierkenntnissen gilt ein 23-jähriger Mann mit Vergangenheit in verschiedenen neonazistischen Gruppen als Anführer. Er ist wegen Volksverhetzung bereits vorbestraft. Ein bei Hausdurchsuchungen beschlagnahmtes „Drehbuch“ gibt Aufschluss über den Fünf-Phasen-Plan: In der „dritten Stufe“ der „Volksrevolution“ sollten die politischen Gegner exekutiert werden. Zuvor sollte die Volkswirtschaft durch umfassende öffentliche Sachbeschädigungen massiv geschädigt werden, anschließend Sprengstoffattentate auf Stromleitungen, Eisenbahnen und Brücken sowie Anschläge auf das Parlament und Regierungsgebäude verübt werden. Die Gruppe zerstörte entsprechend der ersten Stufe Fenster an Krankenhäusern, Schulen und öffentlichen Gebäuden. Der Schaden beläuft sich auf mehrere hunderttausend Euro. Bislang sind die Unterlagen der Voruntersuchung vertraulich, doch sollen Hinweise auf ein weit verzweigtes Netzwerk mehrerer Terrorzellen vorliegen. Die Gruppe hat sich offenbar von William Pierces Buch „The Turner Diaries“ inspirieren lassen. Darin hatte der Gründer der „National Alliance“ in den USA das Szenario eines „Rassenkrieges“, dem so genannten Racial Holy War, entwickelt, laut FBI auch die Vorlage für den „Oklahoma-Bomber“ 1995. REINHARD WOLFF