Wahlalternative: Rheinland gegen Westfalen

Der WASG-Landesvorstand wünscht sich Pfarrer Jürgen Klute als Spitzenkandidaten für die NRW-Landtagswahl. Südlich von Düsseldorf wird jedoch der Ex-SPDler Hans Wallow favorisiert. Kampfabstimmung am Samstag zeichnet sich ab

DÜSSELDORF taz ■ Die Anforderungen an den Spitzenkandidat der Wahlalternative Arbeit und soziale Gerechtigkeit (WASG) für den NRW-Landtagswahlkampf sind gigantisch: Der Auserwählte soll „an herausragender Stelle in Betrieb, Gewerkschaft oder sozialer Bewegung Erfolge in der Mobilisierung nachweisen können, moralisch integer sein sowie wissenschaftlich und politisch angemessen argumentieren und reagieren können“, schreibt der WASG-Landesvorstand in seiner Neujahrsbotschaft.

Der NRW-Landesvorsitzende Hüseyin Aydin glaubt nun, auch einen Kopf gefunden zu haben, auf den dieses Profil passt: Jürgen Klute, Sozialpfarrer aus Herne. „Klute ist ein geeigneter Kandidat, der teamfähig ist. Aus Sicht der Mehrheit des Landesvorstandes wird er unser Spitzenmann“, sagt Aydin.

Klute bestätigte gestern, dass er für den ersten Platz der Landesliste kandidieren werde. Die WASG ist die erste politische Gruppierung, bei der sich der 52-Jährige engagiert: „Die Zukunft von Arbeit und sozialer Sicherung war aber immer mein Schwerpunktthema“, sagt er. In der Arbeitslosen- und Integrationsarbeit habe er Praxiserfahrung gesammelt, nun wolle er „von der appellativen Ebene hin zur politischen Handlung kommen“.

Trotz der Unterstützung des Landesvorstands und der WASG-Regionalgruppen des Ruhrgebiets kann sich Klute seiner Nominierung auf der Landesdelegiertenkonferenz am kommenden Samstag in Dortmund aber keineswegs sicher sein: Mit dem ehemaligen SPD-Bundestagsabgeordneten Hans Wallow aus Bonn tritt ein Gegenkandidat an, der die Delegierten der WASG-Regionalgruppen aus dem Rheinland fast geschlossen hinter sich weiß. „Hans Wallow hat im Raum Köln-Bonn-Aachen große Unterstützung“, sagt Stephan Inden, Sprecher der Regionalgruppe Düren-Jülich-Euskirchen. „Klute kennt doch keiner. Der wurde vom Landesvorstand aus dem Hut gezaubert“, sagt Inden. In den Basisgruppen gebe es deshalb großen Unmut über die WASG-Landesführung um Aydin. Auch die Regionalgruppe Bonn-Rhein-Sieg spricht sich eindeutig gegen Klute und für Wallow aus: Der 65-jährige Ex-Parlamentarier sei wegen seiner Erfahrung, Eloquenz und Medienkompetenz der richtige Mann, heißt es in einem Vorstandsbeschluss.

Für den Samstag zeichnet sich nun eine Kampfkandidatur zwischen Klute und Wallow, zwischen Westfalen und Rheinländern ab. „Es wird eine demokratische Auswahl geben“, sagt Kandidat Wallow. Klute kenne er nicht, aber der Pfarrer sei sicherlich ein netter Mann. „Ihm fehlt nur die Wahlkampferfahrung“, sagt Wallow, der bereits im Bundestagswahlkampf 1976 in der Kampagne von SPD-Kanzler Helmut Schmidt mitgearbeitet hat. Wallow hatte Ende der 1990er Jahre mit der SPD gebrochen und mit einem Theaterstück über grüne „Hosenscheißer“ und sozialdemokratische „Pitbullterrier“ für Ärger in der rot-grünen Bundesregierung gesorgt.

Sowohl Wallow als auch Klute betonen, dass man auch als Team zusammenarbeiten könnte. Das wünscht sich auch der Landesvorsitzende Aydin: „Wir werden nicht alles auf einen einzigen Spitzenmann konzentrieren, sondern mit einem vier- bis fünfköpfigen Team antreten.“ Die Arbeit wird schwer genug: Wie der Konkurrent Forsa sieht nun auch das Meinungsforschungsinstitut Infratest dimap die Wahlalternative in einer neuen Umfrage bei null Prozent.

K. JANSEN/M. TEIGELER