Rote Karte für den Schwarzmaler

Der Präsident des Westfälisch-Lippischen Bauernverbands stößt mit seiner Kritik an der Agrarreform auf Widerstand

RUHR taz ■ Gerade erst ist die Agrarreform der Europäischen Union in Kraft getreten, da fordert der Präsident des Westfälisch-Lippischen Landwirtschaftsverbands, Franz-Josef Möllers, auch schon eine Trendwende in der nationalen Agrarpolitik. Notwendig sei „eine Wende, die zuallererst wirtschaftliche Leistung und die Schaffung von Arbeitsplätzen“ belohne. Von der aktuellen Reform hält er nichts. Statt dessen wünscht sich der Präsident des WLV, dass eine „neue Landesregierung“ nach der Landtagswahl die Situation zum Besseren wende.

Doch selbst der Präsident der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft (DLG), Philip Freiherr von dem Bussche, beurteilt die Auswirkungen der Agrarreform positiver. Anlässlich der Wintertagung der DLG in Münster erklärte er: „Für die meisten Landwirte gibt es keinen Grund, im Jahr Eins nach der Agrarreform in Pessimismus zu verfallen.“ Die Agrarreform biete den Landwirten beste Perspektiven für die Zukunft, so die Einschätzung von dem Bussches.

In Zukunft wird die Zahlung staatlicher Beihilfen von der Produktionsmenge entkoppelt. Stattdessen erhalten die Landwirte ab 2013 eine einheitliche Flächenprämie, die sich nach der Größe der bewirtschafteten Fläche richtet. Für Bauern in Nordrhein-Westfalen wird die Zahlung dann jährlich 347 Euro pro Hektar betragen. Damit soll die Verteilung der staatlichen Mittel gerechter werden als bisher. Denn im Jahrzehnte alten System aus Subventionen und Finanzhilfen entfielen bisher 80 Prozent der staatlichen Mittel auf 20 Prozent der Betriebe.

Einig sind sich Möllers und von dem Bussche, dass in den neuen EU-Mitgliedsstaaten Osteuropas neue Absatzmärkte für die deutschen Landwirte erschlossen werden könnten. „Der Milchverbrauch ist in den zehn neuen Beitrittsländern höher als die Eigenproduktion“, sagte der WLV-Präsident. Möllers malt die Zukunft der Milchwirtschaft dennoch schwarz. Der deutliche Verfall des Milchpreises werde durch die neue staatliche Prämie für Grünland nicht kompensiert: „Unterm Strich bleibt ein dickes Minus“, so Möllers.

Auch der Unnaer Landwirt und Bundestagsabgeordnete Friedrich Ostendorff (Grüne) räumt ein, dass sich die Milchbauern auf ganz neue Gegebenheiten einstellen müssen: „Die Milchwirtschaft ist unser Sorgenkind“, so Ostendorff zur taz. Neben der allgemeinen Reform der Agrarsubventionen müsse die Milchwirtschaft auch den Ausstieg aus dem bisherigen System der Garantiepreise verkraften.

Den Pessimismus des Bauernpräsidenten teilt er dennoch nicht: Neben der Grünlandprämie würden die Bauern auch vom gestiegenen Milchmarktpreis profitieren. „Die Bauernverbände haben im letzten Jahr einen Milchpreis von 23 Cent pro Liter prognostiziert, doch nun erhalten sie mehr als 29 Cent“, erklärte der Bundestagsabgeordnete. Angesichts noch höherer Milchpreise in Ländern wie den USA oder Kanada sei auch hierzulande eine weitere Preissteigerung möglich. Dass die Milchwirtschaft dennoch in einer wirtschaftlichen Krise steckt, schreibt Ostendorff nicht allein dem Preiskampf der Lebensmittelhändler, sondern vor allem den Molkereien zu. Die seien in Zeiten des Butterbergs und garantierter Preise groß geworden und hätten in den letzten Jahren „die Entwicklung verpennt“. Anders als Bauernpräsident Möllers glaubt Ostendorff jedoch weiter an die Zukunft der Milchbauern. „Mit 35 bis 50 Kühen kann man sein Auskommen haben.“

Das Gesamtpaket der Agrarreform, die er selbst kaum noch für möglich gehalten habe, begrüßt Ostendorff ausdrücklich. „Damit kommen wir endlich weg von dieser blödsinnigen Produktsubventionierung“. ULLA JASPER