dialog mit dem islam
: Asymmetrische Kommunikation

Nun haben sie sich also getroffen: Der Vorsitzende der Evangelischen Kirche, Bischof Wolfgang Huber und die Spitzen der wichtigsten muslimischen Verbände in Deutschland. Nach all dem Hickhack über die Frage, wer wen zuerst eingeladen hat, wer nicht reagiert oder sich dem Dialog verweigert, ist das immerhin ein Fortschritt. Zudem wurden gestern sogar weitere Treffen beschlossen.

KOMMENTAR VON DANIEL BAX

Der „Dialog mit dem Islam“ ist in jüngster Zeit in Verruf geraten: Zu naiv und blauäugig sei er in der Vergangenheit gewesen, behaupten seine Kritiker. Einen „tabulosen Dialog“ hatte Bischof Huber deshalb versprochen und zugleich gezeigt, was er darunter versteht. Nicht erst in jüngster Zeit hat sich Huber mit kritischen Kommentaren über den Islam, zur Kopftuchfrage oder zum EU-Beitritt der Türkei hervorgetan und damit als Vorkämpfer des christlichen Abendlands profiliert.

Seine kämpferische Rhetorik überlagert allerdings, dass die evangelische Kirche in ihrer Auseinandersetzung mit dem Islam durchaus auch eigennützige Interessen verteidigt. Denn ihre Privilegien will sie nicht unbedingt mit einer anderen Religionsgemeinschaft teilen. Hubers Schlagabtausch mit den muslimischen Verbänden zeigt die Asymmetrie der Kommunikation, die zwischen der Mehrheitsgesellschaft und ihrer muslimischen Minderheit herrscht. Dass die muslimischen Verbände Hubers Einladung gefolgt sind, zeigt, wer die Bedingungen für den Dialog diktiert – in diesem Fall die christlichen Kirchen.

Mit ihrer Ankündigung, mit einer „wertkonservativen Agenda“ in das Treffen zu gehen, gaben sich die Muslime dennoch selbstbewusst. Dass sie sich von Gewalt und Terrorismus distanzieren und zum Grundgesetz bekennen, haben sie schließlich schon im Vorfeld oft genug betont. Spannender ist die Frage, wie sie zu kontroversen Themen wie Abtreibung und Homosexualität stehen.

Dabei könnte deutlich werden, wie sehr Muslime und Christen in diesen Themen übereinstimmen. Weniger inhaltliche Differenzen dürften daher zum Streit führen, sondern vielmehr Fragen von Macht, Einfluss und Gleichberechtigung.

Kaum anzunehmen, dass solche Differenzen in diesem Dialog ausgeräumt werden können. Sicherlich trägt jedes Gespräch zumindest zur Klärung der Fronten bei. Vorerst dürfte das Fazit der Begegnung aber lauten: Schön, dass wir darüber geredet haben.