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: Wie Rufmord ist das

Stefan Aust ist der Mann, der nie mit Springer-Chef Mathias Döpfner Ski gefahren ist. Am 9. Februar bekommt er dafür Springers „Goldene Kamera“

Stefan Aust ist Ihnen ein Begriff? Vom Hörensagen kennen Sie ihn bestimmt. Schließlich lesen Sie, was auf einer Medienseite steht, da bleibt das nicht aus. Aber stellen Sie sich vor, Sie seien Bäckereifachverkäuferin. Nur so als Beispiel. Oder Sie stellen sich vor, Sie seien Bäckereifachverkäuferin bei Kamps, wo es bei jedem Einkauf ab 3 Euro die Bild-Zeitung gratis gibt oder gab. Da kennen Sie vielleicht Backwaren , die „Wuppi“ heißen – aber einen Stefan Aust?

Also machen wir’s wie Lehrer Bömmel aus der „Feuerzangenbowle“, stellen uns janz dumm und sagen: Stefan Aust ist ein Mann, der sich unlängst den Vorwurf gefallen lassen musste, er missbrauche seine einflussreiche Position für persönliche Zwecke. Man könnte auch sagen, Stefan Aust sei Chefredakteur des Spiegel. Und der Vorwurf lautete „Desinformation und Propaganda“. (Fürs Archiv seien hier zudem kurz die Begriffe „Windkraft“, „Eigeninteressen“ und „Lamstedt-Connection“ erwähnt.) Und so was bleibt, wenn es nur oft genug wiederholt wird, in den Köpfen der Leute hängen. Wie Rufmord ist das.

Womit wir quasi, ohne es zu wollen, schon wieder bei der Bild-Zeitung wären, was insofern ganz gut passt, weil nämlich die Bild-Zeitung den Stefan Aust am vergangenen Montag zum „Gewinner“ des Tages machte. Und weil die Bild-Zeitung im Axel-Springer-Verlag erscheint. Und weil im Axel-Springer-Verlag auch die Hörzu erscheint. Und weil die Hörzu jedes Jahr die „Goldene Kamera“ verleiht. Und weil die „Goldene Kamera“ in diesem Jahr auch Stefan Aust verliehen wird. Und weil Stefan Aust deswegen am Montag von der Bild-Zeitung zum „Gewinner“ des Tages gemacht wurde. Aber es scheint, wir schweifen ab.

Stimmt aber nicht. Abschweifen täten wir, wenn wir uns länger als nötig damit aufhielten, dass Spiegel-Chef Stefan Aust seine „Goldene Kamera“ am 9. Februar im Berliner Verlagshaus des Axel-Springer-Konzerns nicht als Spiegel-Chef, sondern als Ex-„Spiegel TV“-Chef und -Moderator bekommt.

Abschweifen täten wir zudem, wenn wir hinzufügten, dass damit „seine Vorreiterrolle im deutschen Fernsehjournalismus“ bzw. „die konsequente Umsetzung eines Printmediums im Fernsehen“ gewürdigt werde.

Stattdessen zitieren wir abschließend lieber aus der Zeit (39/04): „Für Ärger im Haus sorgt Stefan Aust selbst. Durch häufige Auftritte gemeinsam ausgerechnet mit Springer-Leuten, Kai Diekmann, dem Bild-Chef, und Mathias Döpfner, dem Herrn des Verlages. Ausgerechnet mit Springer: gemeinsam gegen die Rechtschreibreform; gegen das Straßburger Urteil in Sachen Caroline; bei der Vorführung eines Filmes; beim Vorabdruck eines Buches (Schirrmachers ‚Methusalem-Komplex‘). Aust wehrt sich. Alles ‚Verschwörungstheorien. Wenn ich erahnt hätte, was die Leute daraus herleiten, hätte ich es nicht gemacht.‘ Auch sei er nie, wie behauptet, mit Döpfner Ski gefahren“, hieß es da über Aust. Den zukünftigen „Goldene Kamera“-Gewinner.

CHRISTOPH SCHULTHEIS