AUCH OHNE FÖDERALISMUSREFORM: BILDUNG WIRD WAHLKAMPFTHEMA
: Maximaler Unsinn der Union

Wer die gescheiterte Föderalismusreform noch retten will, sollte jetzt zumindest eine Frist festlegen. Es braucht zeitlichen Druck, um Zug in hoffentlich bald beginnende Gespräche zu bringen. Wenige Wochen müssten reichen. Im Dezember hatten die Mitglieder der Föderalismuskommission alle Streitpunkte vom Tisch räumen könne. Geblieben ist nur der Streit um die Bildung. Ein unwürdiges Schauspiel folgte. Die Ministerpräsidenten aus dem Unionslager werfen dem Bund vor, er habe die Verhandlungen scheitern lassen.

Es sollte noch mal klar gesagt werden: Das ist blanker Unsinn. Diese mit Abstand wichtigste Reform des politischen Systems in Deutschland ist am Starrsinn von Landesfürsten gescheitert – allen voran Roland Koch und Erwin Teufel. Die hielten unbeirrt an ihrer Maximalforderung fest, alle Bildungsmacht den Ländern zu geben und fordern zeitgleich die Bundesregierung auf, sich doch endlich zu bewegen.

Dabei ist allen Bildungsexperten klar, dass zumindest die Frage der Zugangvoraussetzungen zu den Universitäten und der akademischen Abschlüsse bundeseinheitlich geregelt werden muss. Viel mehr als diese Kompetenz wollte der Bund am Ende nicht.

Das schlimmstmögliche Szenario wäre, wenn die Zugangs- und Abschlussregeln in einem Staatsvertrag einbetoniert würden. Um den jemals zu ändern, müssten alle 16 Länder zustimmen. Es ist leichter, die Präambel des Grundgesetzes abzuschaffen.

Inhaltlich lässt sich also die Unionsblockade nicht rechtfertigen. Die bisherige Verweigerung ist einzig auf den nahenden Wahltermin 2006 zurück zu führen. Die Union hat offenbar wenig Lust, sich einem Wettbewerb um das bessere Bildungskonzept nach Pisa zu stellen. Die einfache Rechnung: Wo keine Zuständigkeit, da kein Wahlkampfthema. Wenn sich die Strategen hier mal nicht täuschen. Die Landtagswahlkämpfe der Vergangenheit sind nicht selten von Bundesthemen bestimmt worden. Und da waren es die Länder, die nicht zuständig waren. THORSTEN DENKLER