NEBENSACHEN AUS MADRID VON REINER WANDLER
: Ein kleiner Kokainrausch? Einmal tief einatmen, bitte!

DIE LUFTVERSCHMUTZUNG IN BARCELONA UND MADRID MIT DROGEN HAT MITTLERWEILE REKORDNIVEAU ERREICHT

„Herzlich willkommen in Madrid. Atmen Sie tief durch und genießen Sie ihren Aufenthalt.“ Dies wäre das ideale Werbeplakat für einen Kurztrip in die spanische Hauptstadt. Nicht etwa weil dort plötzlich die Luftverschmutzung abgenommen hätte. Nein, es ist gerade die schlechte Luft, die Sie tief in die Lungen saugen sollten. Denn die Atmosphäre von Madrid enthält Reste verschiedener Drogen – darunter Kokain, Amphetamine, Opiate, Cannabis, und LSD.

Auch die Einwohner von Barcelona dürfen sich glücklich schätzen. Sie bekommen ebenfalls allerlei verbotene Substanzen per Atemluft frei Haus. Das stellte jetzt der Hohe Spanische Wissenschaftliche Forschungsrat (CSIC) fest.

Die beiden spanischen Städte schlagen alle Rekorde. Keine andere europäische Großstadt, die ähnliche Messungen durchgeführt hat, kommt auf die Werte von Madrid oder Barcelona. Die Konzentration von Kokain in der Luft übertraf selbst die einiger Schwermetalle wie Kadmium aus Abgasen des Straßenverkehrs. Im Unterschied zu Madrid müssen die Katalanen auf Heroin in ihrem Mix verzichten.

Bereits im vergangenen Jahr machten die Wissenschaftler bei einer anderen Messung eine interessante Entdeckung. Sie untersuchten das Abwasser der Stadt Barcelona. Auch hier fanden sie Rückstände von Kokain. 70.000 Tagesdosen werden demnach in der katalanischen Hauptstadt konsumiert. Ein Beweis mehr für eine andere Statistik der UNO. In deren jährlichen Drogenbericht zog Spanien bereits vor mehreren Jahren mit den USA in Sachen Kokainkonsum gleich. Der ist in Spanien viermal so hoch wie im restlichen Europa. Drei Prozent der Bevölkerung zwischen 15 und 65 Jahren sniffen demnach regelmäßig Kokain. Unter den Gymnasiasten sind es mehr als sieben Prozent.

Das Land auf der Iberischen Halbinsel ist Hauptkonsument und Einfallstor für die Substanz aus Lateinamerika. Die spanische Polizei entdeckt nur ein Viertel dessen, was in den USA beschlagnahmt wird.

Die Tricks der Kokainmafia werden immer ausgefallener. Kunstwerke aus Koks, mit Drogen gefüllte Bauteile für Windparks, Kokain getarnt in Lebensmittelkonserven … die Liste ließe sich endlos weiterführen.

Nicht schlecht staunte die Polizei im südspanischen Hafen Cádiz. Dort legen immer wieder Luxuskreuzfahrtschiffe an. Die Passagiere sind meist betuchte Leute in hohem Alter. Keiner wäre auf die Idee gekommen, diese Touristen des Drogenschmuggels zu verdächtigen. Erst nach einigen Verhaftungen in Barcelona kamen die Behörden zwei Omas auf die Schliche. Bei ihrer Festnahme hatten sie 27 Kilo Kokain in ihren Kajüten versteckt. Die Ladung hatten sie bei einem Stopp in Brasilien erhalten.

Auch beim Cannabis schlägt Spanien alle Rekorde. Der Konsum des Hauptexportschlagers des Nachbarlandes Marokko ist legal. Der Handel hingegen nicht. Das ist gut für das Geschäft. Schnelle Schlauchboote bringen ihre Ladungen über die Meerenge von Gibraltar an Spaniens Küste. Die Gewinnspanne ist so lukrativ, dass selbst bei der spanischen Armee so mancher auf die Idee kommt, den schmalen Sold auf dem Haschischmarkt aufzubessern. Die Guardia Civil entdeckte im vergangenen Monat 70 Kilogramm „chocolate“, wie das Haschisch in Spanien heißt, in einem Militärkonvoi. Dieser setzte aus Melilla, der spanischen Exklave an der afrikanischen Nordküste, auf die Iberische Halbinsel über, um dort an Manövern teilzunehmen. Die Pakete waren in Geschützrohren versteckt.