Nach Godorf die Sintflut

Wird der Godorfer Hafen erweitert, fehlen Köln 150.000 Kubikmeter Retentionsraum für Hochwasser. Naturschützer warnen deswegen vor dem geplanten Hafenausbau. Die Betreiberin verspricht eine Verdopplung des Containerverkehrs bis 2020

VON CHRISTIANE MARTIN

„Der Containerverkehr ist schwer im Kommen“, sagt Dietmar Ciesla-Baier von der Häfen und Güterverkehr Köln AG (HGK). Bis 2020 könnte sich die Menge der umgeschlagenen Containergüter am Godorfer Hafen glatt verdoppeln, prognostiziert die HGK – vorausgesetzt, der Hafen darf endlich erweitert werden. Mitte letzten Jahres hat die HGK der Bezirksregierung deswegen einen erneuten Planfeststellungsantrag vorgelegt. Nachdem das seit 20 Jahren umstrittene Vorhaben bisher nicht genehmigt worden war, hofft das Unternehmen jetzt, in wenigen Monaten grünes Licht für den Ausbau zu haben, der den Hafen 20 Hektar größer machen soll.

„Wir werden alles tun, um das zu verhindern“, sagt dagegen Klaus Simon vom Naturschutzbund Deutschland (Nabu). Er hält den Ausbau für unnötig und die Wirtschaftlichkeitsnachweise der HGK für wenig fundiert. „Die Prognosen für 2020 sind lediglich mathematische Aussagen. Ob das auch Wirklichkeit wird, kann die HGK nicht nachweisen“, sagt Simon. Außerdem ist den Naturschützern ein Dorn im Auge, dass das neue Hafengebiet die unter Schutz stehende Sürther Aue vernichten würde. „Die Trockenrasen der Sürther Aue stehen unter Naturschutz, weil hier zahlreiche gefährdete Tier- und Pflanzenarten leben“, erklärt Claudia Müller vom Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND). Die diplomierte Landschaftspflegerin ist ebenfalls erbitterte Gegnerin des Hafenausbaus. Neben der Zerstörung wertvollen Natur- und Erholungsraumes prangert sie auch an, dass jeglicher Hochwasserschutz außer Acht gelassen wird. Nach Berechnungen des BUND würden durch den Ausbau des Godorfer Hafens 150.000 Kubikmeter Retentionsraum für Hochwasser verloren gehen. „Dadurch steigt die Hochwassergefahr für Köln erheblich“, so Müller.

Außerdem, beklagt Thomas Kahlix von der Bürgerinitiative Hochwasser, bekämen die Bürger mit dem Ausbau eine Gefahrgutlagerung „vor die Tür gesetzt“, die nur unzureichend vor Hochwasser geschützt sei. Denn der geplante Schutz reiche nur für ein Jahrhunderthochwasser von 11,30 Meter. Bei einem „zweihundertjährigen Hochwasser schwappt uns die Giftbrühe in die Häuser“, fürchtet er. Bis zu 200.000 Kölner seien dadurch bedroht. Die Naturschutzverbände haben jetzt gemeinsam ihr Widerspruchsrecht als Träger öffentlicher Belange wahrgenommen und eine Stellungnahme zum geplanten Hafenausbau abgegeben. Sie bitten um Ablehnung des Bauvorhabens und begründen dies unter anderem auch mit den unzureichenden Ausgleichsmaßnahmen.

Die HGK will indes als Ersatz für das verloren gehende Naturschutzgebiet einen künstlichen Rheinarm in der Nähe des Worringer Bruchs schaffen. „Dort gehört uns ein Großteil der Flächen selbst“, begründet Ciesla-Baier diese Entscheidung. „Die HGK macht es sich denkbar einfach“, sagt Nabu-Miglied Simon dazu. Ausgleich müsse vor Ort stattfinden und nicht am anderen Ende der Stadt. „Der Kölner Süden ist durch die Industrieansiedlung eh genug gebeutelt“, so Simon.

Er hofft, dass selbst nach einer Entscheidung der Bezirksregierung zu Gunsten der HGK das letzte Wort noch nicht gesprochen ist. Letztlich muss der Stadtrat über den Ausbau entscheiden und dort gehen die Meinungen zum Hafenausbau auseinander. Befürworter wie SPD und CDU wollen in jedem Fall eine erneute unabhängige Wirtschaftlichkeitsprüfung. „Nur wenn nachgewiesen ist, dass der erweiterte Hafen sich wirtschaftlich trägt und gut für die Entwicklung des Standortes Köln ist, stimmen wir dem zu“, sagt der christdemokratische Politiker Karl Jürgen Klipper. Auch Johannes Waschek vom Koalitionspartner SPD sieht das so.

Politische Schützenhilfe für ihr Anliegen bekommen die Naturschutzverbände von den Kölner Grünen. Die haben bereits im Sommer vergangenen Jahres gegen den Hafenausbau gewettert. „Wir lehnen das erneute Planfeststellungsverfahren zum Hafenausbau Godorf mit allem Nachdruck ab. Das seit 20 Jahren verfolgte Unterfangen der HGK ist logistisch veraltet, vergeudet unnötig öffentliche Mittel und wertvolle Flächen“, erklärt Jörg Frank, Fraktionsvize der Grünen, in einer Mitteilung.