Kontrolle auf Herz und Nieren

Vor Gericht: Zwei U-Bahn-Kontrolleuren wird gefährliche Körperverletzung vorgeworfen. Sie sollen einen Fahrgast 30 Meter weit brutal über den Bahnsteig geschleift haben

Eine Fahrkartenkontrolle in der U-Bahn hat am Anfang gestanden – am Ende musste ein Fahrgast mit akuten Herzschmerzen im Krankenhaus behandelt werden. Was genau dazwischen passiert ist, will das Amtsgericht derzeit klären. Wegen gefährlicher Körperverletzung sind zwei Kontrolleure angeklagt. Dem 26-jährigen Adel A. und dem 32-jährigen Mirco R. wird vorgeworfen, den 49-jährigen Detlef P. an den Oberarmen 30 Meter über den U-Bahnhof Kurfürstendamm gezerrt und ihm schmerzhafte Blutergüsse zugefügt zu haben.

Die Auseinandersetzung begann bereits in der U-Bahn. Am 17. Juli 2003 stiegen die Kontrolleure in Zivil am späten Nachmittag in die Linie 9, um Schwarzfahrer aufzuspüren. Bei seiner Kontrolle weigerte sich Detlef P. laut Adel A., ihn als Kontrolleur zu akzeptieren, und griff nach seinem Dienstausweis, den er an in der Innenseite seiner Jacke trug. Am U-Bahnhof Kurfürstendamm seien er, Mirco R. und ein weiterer Kontrolleur gemeinsam mit Detlef P. ausgestiegen. Auf Wunsch des Fahrgasts sei die Polizei verständigt worden.

Der Berliner, der eine Fahrkarte besaß, wollte jedoch zur benachbarten Wache gehen und den Bahnsteig verlassen. Da sie dies aus versicherungstechnischen Gründen nicht dürften, so der Kontrolleur, „schnappten“ sie ihn und gingen „in ruhigem Schritt“ Richtung Wartehäuschen. Plötzlich habe der 49-Jährige angefangen, um sich zu schlagen. Dennoch hätten sie ihn in den Dienstraum „begleitet“.

Der zweite Angeklagte legte ein ärztliches Attest vor. Er erinnere sich auf Grund von Erkrankungen nicht mehr an den Vorfall. Dann hatte das Opfer das Wort. Der Berliner sagte, er habe den Ausweis des Kontrolleurs bloß „sichtbar einsehen wollen“ – so lange ihm dies verwehrt wurde, zeigte er auch seine Jahreskarte nicht. Ihm sei von den beiden Angeklagten Gewalt angedroht und der Bahnhof-Ausgang versperrt worden. Als er dann einen SOS-Knopf drücken wollte, seien ihm die Arme von hinten umgedreht worden. Nachdem er sich im BVG-Häuschen, in das er mit Gewalt hineinbefördert worden sei, wiederfand, verspürte er einen Herzschmerz. Seine Herzerkrankung hatte er den Angeklagten gegenüber verschwiegen.

Von einem unverhältnismäßigen Vorgehen der Kontrolleure sprach ein Zeuge. Der 49-Jährige sei zwar nicht ins Häuschen geschleift, aber gegen seinen Willen bugsiert worden. Zeuge Nummer zwei, selbst Kontrolleur, konnte sich nicht mehr an den Vorfall erinnern. Eine dritte – wichtige – Zeugin war nicht erschienen. Die Verhandlung wurde deswegen auf Donnerstag vertagt. SONJA FRANK