Kliniken sollen für mehr Organe sorgen

Gesundheitsministerium legt Bericht über Organspenden vor. Die Ausweitung von Lebendspenden soll den Mangel beseitigen

In Deutschland werden immer weniger Organe gespendet. Sowohl die Zahl der Postmortal- als auch die Lebendspenden sind im vergangenen Jahr rückläufig gewesen. Das geht aus einem über 40 Seiten umfassenden Bericht des Bundesgesundheitsministeriums hervor, der vor wenigen Tagen vorgelegt wurde. Der Bericht ist eine Antwort auf eine große Anfrage der Unionsfraktion im Bundestag zum Thema „Förderung der Organspende“. Ein Antwort, warum die Spendenneigung in der Bevölkerung sinkt, ist in dem Bericht jedoch nicht zu finden.

In den Fokus des Gesundheitsministeriums sind jedoch die „Entnahmekrankenhäuser“ geraten. Zwar wird anerkannt, dass die Situation um den Hirntod für Angehörige emotional aufwühlend, ja traumatisierend sein kann und auch das Krankenhauspersonal beim Ringen zwischen Leben und Tod mit dem raschen Übergang zur Organentnahme zusätzlich belastet wird.

Und doch muss laut Gesundheitsministerium auf die „bessere Befolgung der Mitteilungspflicht“ der Krankenhäusern gedrungen werden. Nur 40 Prozent meldeten 2003 Hirntote an die Deutsche Stiftung Organtransplantation (DSO).

Obwohl die Freiwilligkeit der Spende betont wird, gerade um die Angehörigen vor späteren Gewissenskonflikten zu bewahren, ist in der Antwort der Druck auf die Kliniken zu spüren.

Das beginnt bei der Zuschreibung von Verantwortung für den Erhalt des Organspendeniveaus und macht auch nicht Halt vor blanker Erpressung, so heißt es: „In den vergangenen Jahren hat es sich als hilfreich und wirksam erwiesen, wenn die betreffenden Krankenhäuser gelegentlich der Entscheidung über die Zuweisung öffentlicher Fördermittel zur Krankenhausfinanzierung durch die zuständigen Landesministerien an die Erfüllung auch dieses Teils ihres Versorgungsauftrags erinnert werden.“

Da klingt es lau, wenn für die Seite der Transplantationszentren dann lediglich festgestellt wird, dass es keine Dokumentation der Sterbefälle bei Komplikationen im Transplantationsgeschehen gebe und auch eine Intransparenz bei der Aufnahme von PatientInnen in die Warteliste bestehe.

Detailliert wird die Anzahl der Transplantationen in den Zentren aufgeführt: Platz 1 belegt Hannover (401), gefolgt von der Berliner Charité (266) und München-Großhadern (229). Die medizinische Hochschule Hannover ist zudem intensiv mit dem „Tissue Engineering“ befasst, der künstlichen Herstellung von Geweben und Zellen zur Transplantation. Deren Chirurg, Professor Axel Haverich, sitzt auch im Stiftungsvorstand der DSO.

In der Mangelsituation befürwortet das Gesundheitsministerium zudem die Ausweitung des Spenderkreises bei der Lebendspende, trotz einer Komplikationsrate von 20 Prozent bei Nieren, Darm und Pankreas. Bevor jedoch konkrete Schritte unternommen werden, soll aber noch der Bericht der Enquetekommission „Ethik und Recht in der modernen Medizin“ zu diesem Thema abgewartet werden. Er soll Ende Februar vorliegen.

Erfreulich ist, dass es laut Bericht beim Organhandel für Ärzte keine Ausnahme von der Strafverfolgung geben soll. Alarmierend hingegen ist, dass das Bundeskriminalamt seit 2001 56 Sachverhalte im Deliktfeld „Illegaler Organhandel“ aufzählt. Ein Bezug zu Deutschland bestand zumindest in 22 Fällen. Vor drei Jahren gab es in München auch schon eine erste Verurteilung wegen Organhandel.

Vielleicht ist hier ja auch ein Teil der Antwort auf die Frage, warum in Deutschland eine so geringe Spendenbereitschaft besteht, zu finden. Denn das Vertrauen in das Organverteilungssystem wird durch derartige Vorkommnisse nicht gerade gefördert. ULRIKE KOPETZKY