Haus ohne Heizung

Keine Angst vorm Passivhaus: Große Fenster, luftdicht gedämmte Außenwände und eine besondere Lüftungsanlage zur Wärmerückgewinnung sorgen auch im Winter für kuscheliges Raumklima

von Kirsten Poneß

Es klingt wie ein Witz, in Zeiten kollektiver Gaspreisabzocke sogar wie ein ganz böser: In einem Passivhaus kann man auch ohne Heizung wohnen. „Man kann viel erzählen, aber eigentlich muss man es gesehen haben, um seine Bedenken zu vergessen“, meint Sören Peper vom Passivhaus Institut in Darmstadt.

In Hamburg gibt es noch nicht viele Häuser dieser Art. Gerade mal sieben hat das Institut derzeit auf seiner Internetseite vermerkt, darunter das so genannte „Parkhaus“ am Pinnasberg auf St. Pauli. Valena Momsen wohnt hier, „sehr gerne“, wie sie sagt. Im Herbst 2004 hat sie eine der 19 Wohnungen des Wohnprojekts der St. Pauli Hafenstraßengenossenschaft bezogen. Nun ist es Winter und „das Passivhaus-Prinzip funktioniert gut“, erzählt Momsen. Stimmt: Es ist kalt draußen, und ihre Vier-Zimmer-Wohnung ist mollig warm.

An dem kleinen, gasbetriebenen Heizkörper im Bad liegt das nicht. „Der hat nur einen psychologischen Effekt“, lacht Momsen, „benutzt wird er eigentlich nie.“ Aufgeheizt wird die Wohnung durch die großen Südfenster, die den Blick auf den Hafen freigeben. „Sie sind ziemlich schwer“, sagt die 37-Jährige, während sie ein dreifach verglastes Balkonfenster öffnet. Durch die Fenster, dreimal so dick wie herkömmliche, und die bis zu 40 Zentimeter dicke, luftdichte Dämmung der Außenwände wird der Wärmeverlust verhindert. Dazu tragen auch die Balkon-Konstruktionen bei, die durch spezielle Verankerungen Löcher in der Außenhülle, so genannte Wärmebrücken, vermeiden.

Hauptverantwortlich fürs kuschelige Raumklima ist eine spezielle zentrale Lüftungsanlage: Sie entzieht der abgesaugten Luft die Wärme und gibt sie an die zugeführte Frischluft wieder ab. Um zu demonstrieren, wie die Lüftung arbeitet, hält Valena Momsen ein Blatt Papier abwechselnd an die Ab- und Zuluft-Öffnungen in der Küche: Es wird angesaugt bzw. abgestoßen; zu hören oder zu spüren ist nichts.

Nur im winzigen futuristischen Technikraum neben dem Bad mit seinen Schläuchen und Rohren fiept es ein wenig. Dort wird die wohnungsinterne Wärmezufuhr geregelt. „Im Sommer ist es hier fast zu warm“, erzählt Momsen, „leider hat die Lüftung keinen Klimaanlage-Effekt.“ An heißen Tagen ist es daher ratsam, sie in den Abendstunden stärker einzustellen, damit das Haus abkühlt. Und natürlich können jederzeit die Fenster geöffnet werden.

Kleine Probleme gibt es auch im Winter. „Die Feinabstimmung in der Wohnung funktioniert nicht richtig“, bedauert Momsen. Die Wohnungen können zwar innerhalb des Hauses unterschiedlich gewärmt werden, einzelne Zimmer aber nicht. „Die Technik ist verbesserungsfähig“, findet die Passivhaus-Bewohnerin. Aber eigentlich mache das Haus keine Schwierigkeiten, im Gegenteil: „Man braucht nicht mehr zu lüften, und die Wäsche trocknet viel schneller.“