Ausgelieferter Mafiaboss

Ich bin entführt worden. Ich bin bloß ein kranker, alter Mann, und ich habe Angst zu sterben.“ Als Rosario Gambino am Samstagabend von italienischen Polizisten auf Roms Flughafen Ciampino in Empfang genommen wurde, gab er sich ganz als Opfer, als Opfer seines großen Namens: Nur weil er ein Gambino sei, hätten ihn die USA schließlich abgeschoben.

Der 66-Jährige ist mehr als bloß der Cousin des mächtigen New Yorker Bosses Carlo Gambino. Nicht umsonst stammt der Haftbefehl, der ihm in Ciampino verlesen wurde, von 1980. Und nicht umsonst war er unterschrieben von Giovanni Falcone, jenem Anti-Mafia-Staatsanwalt, der 17 Jahre vor Gambinos Auslieferung, am 23. Mai 1992, von der Cosa Nostra in Palermo in die Luft gesprengt wurde.

Falcone hatte in Rosario Gambino einen der Protagonisten der „Pizza-Connection“ ausgemacht, des immensen transatlantischen Drogengeschäfts, das die New Yorker Clans mit ihren sizilianischen Cousins aufgezogen hatten. Rosario gehörte zum Palermitaner Zweig der Familie Inzerillo-Gambino, doch er war schon 1968 in die USA gegangen und dort schnell vom Maurer zum Drogenboss mutiert.

Das brachte ihm 45 Jahre Haft ein, von denen er 22 in Kalifornien absaß. Zugleich aber wurde er auch in Palermo zu 16 Jahren Haft verurteilt. Jener Prozess wird gerade neu aufgerollt, weil Gambinos Anwälte ein Wiederaufnahmeverfahren erreichten.

Dabei hatte Gambino, der nie die US-Staatsbürgerschaft erwarb, alles getan, um seine Abschiebung nach Italien zu verhindern. 2001 wurde ein von Gambino-Verwandten ausgestellter 50.000-Dollar-Scheck bei Roger Clinton, dem Stiefbruder des Ex-US-Präsidenten, gefunden. Aus der Begnadigung wurde nichts. Seit Samstag sitzt Gambino im Hochsicherheitstrakt des römischen Gefängnisses Rebibbia. MICHAEL BRAUN