Hoffnung für den Einzelfall

Die Härtefallkommission hat mehr Einfluss bekommen. Die Anzahl der Abschiebungen wird sich verringern, meinen Kommissionsmitglieder. Eine Bleiberechtsregelung aber steht immer noch aus

VON PHILIPP DUDEK

Rund zwei Wochen nach In-Kraft-Treten des neuen Zuwanderungsgesetzes hat sich die Härtefallkommission am Donnerstag zu ihrer ersten Sitzung getroffen. Die Mitglieder gehen davon aus, dass sich die Anzahl der Abschiebungen durch ihre Arbeit erheblich reduzieren wird. Das sagte zumindest Traudl Vorbrodt, die für die katholische Friedensbewegung Pax Christi in dem siebenköpfigen Gremium sitzt, gestern der taz. Vorbrodt rechnet mit bis zu 600 Fällen, die der Kommission in diesem Jahr vorgelegt werden. Das wären doppelt so viele wie 2004. In der Kommission sitzen neben Vorbrodt Vertreter der Wohlfahrtsverbände und Kirchen, des Flüchtlings- und Migrationsrats sowie des Senats.

Gleich 30 Fälle musste die Kommission in ihrer ersten Sitzung bearbeiten. Über 26 Flüchtlingen wurde dabei abschließend und einstimmig entschieden. „Die überwiegende Mehrheit davon dürfte nach unser Ansicht bleiben“, sagte Vorbrodt. Die letzte Entscheidung liegt aber bei der Innenverwaltung.

Mit dem neuen Zuwanderungsgesetz arbeitet die Härtefallkommission erstmals auf einer gesetzlichen Grundlage. Die Kommissionsmitglieder können auch über den gesetzlichen Rahmen hinaus Vorschläge für die Erteilung eines Aufenthaltsrechts aus humanitären Gründen machen. Vorbrodt warnte allerdings vor zu großen Erwartungen an die Kommission. „Die Härtefallregelung ist eine Einzelfallregelung und kein Ersatz für vernünftige politische Lösungen“, sagte sie mit Blick auf eine ausstehende verbindliche Bleiberechtsregelung für langjährig in Deutschland lebende Flüchtlinge.

Auch Innensenator Ehrhart Körting (SPD) betonte, dass jeder Fall für sich entschieden werde: „Die Härtefallkommission ist kein Gremium, das über Gruppenregelungen entscheiden kann“, sagte Körting. „Sie kümmert sich um Einzelfälle.“ Auch in Zukunft werde es Abschiebungen geben. Der Innensenator will sich aber auch auf Bundesebene dafür einsetzten, dass „für diejenigen, die schon lange bei uns leben, eine Bleiberechtsregelung getroffen wird“. Viele Fälle seien mit der Härtefallkommission nicht regelbar.

Jens-Uwe Thomas vom Flüchtlingsrat kritisierte, dass die neue Härtefallregelung für viele Flüchtlinge keine sichere Perspektive sei. „Die Neuregelung ist zwar begrüßenswert, aber noch nicht ausreichend.“

Exakt definierte Kriterien, die besagen, wer künftig mit einer Empfehlung der Kommission rechnen kann, gibt es nicht. Allerdings dürften Gesundheitszustand, Aufenthaltsdauer und Integration der Flüchtlinge den Verhandlungsrahmen der Kommission abstecken. Vorbrodt sieht vor allem für Kinder und Jugendliche, die hier zur Schule gehen oder eine Ausbildung machen, bessere Chancen auf ein Bleiberecht. Jedoch würde auch in Zukunft niemand einfach durchgewinkt. „Wir prüfen jeden Fall“, sagte Vorbrodt. Wichtig sei, dass sich die Betroffenen in Deutschland engagieren. „Zwanzig Jahre Rumsitzen“, sagte Vorbrodt, „zählen wir ganz sicher nicht als Härtefall.“