VW-Abgeordneter im Rückwärtsgang

Erster Rücktritt unter den sechs vom Volkswagen-Konzern alimentierten Volksvertretern: Der ostfriesische SPD-Bundestagsabgeordnete Jann-Peter Janssen will „Familie und Partei nicht länger belasten“ und legt sein Mandat nieder

BERLIN taz ■ Der Skandal um VW-Gehälter für SPD-Abgeordnete führte gestern zum ersten Rücktritt: Der Bundestagsabgeordnete Jann-Peter Janssen kündigte über den SPD-Unterbezirk Aurich an, er werde sein Mandat niederlegen. VW hatte tags zuvor erklärt, Janssen habe bis 1. 12. 2005 ein aktives Beschäftigungsverhältnis im Konzern gehabt und Bezüge erhalten. Ende Dezember war diese VW-Praxis erstmals in die Schlagzeilen geraten.

Der Schritt kam überraschend, denn Janssen hatte am Donnerstagabend die VW-Angaben umgehend dementiert. Er habe „kein Gehalt“ während seiner Mandatszeit von VW mehr bezogen, erklärte er. Lediglich einen „Antrag auf Altersregelung“ bei VW habe er gestellt, „der aber bis zu meinem Ausscheiden aus dem Bundestag ruht“. Doch als VW gestern auf seiner Darstellung beharrte, gab Janssen auf.

Zur Begründung erklärte sein SPD-Unterbezirk Aurich gestern lapidar, „Jann-Peter Janssen möchte seine Familie und seine Partei nicht länger mit Spekulationen über seine Einkünfte belasten.“ Eine seltsame Aussage, nachdem Janssen am Donnerstag noch so offensiv gegen die VW-Angaben vorgegangen war. Er selbst war nicht zu erreichen.

Offenbar wuchs der Druck aus der eigenen Partei. Darauf deutet auch die Stellungnahme des niedersächsischen Parteichefs Wolfgang Jüttner hin. „Einer kann nur Recht haben“, erklärte er. „Der SPD hilft, wenn wir nicht in komplizierten Schlagzeilen sind.“ Jüttner kündigte an, er wolle auch offene Fragen bei den anderen SPD-Abgeordneten schnell aufklären. „Niemand kann nachvollziehen, wenn für Nichtarbeit eine Entlohnung erfolgt.“

Auch im Fall Janssen hatte VW betont, dass die Zahlungen nicht für spezielle Tätigkeiten geflossen seien, sondern nur dafür, dass er sich auf dem Laufenden halte, um nach seiner Zeit im Bundestag die „reibungslose Reintegration in das Unternehmen“ zu gewährleisten.

Janssen fehlte gestern auch auf der Klausur der SPD-Bundestagsfraktion in Leipzig. Als Journalisten den SPD-Fraktionschef Franz Müntefering fragten, wo Janssen sei, antwortete der: „Das möchte ich auch gerne wissen.“

Der gelernte Schiffbauer Janssen war Betriebsrat bei VW im Emdener Werk und später auch Mitglied des Aufsichtsrates des Konzerns, bevor er 1994 in den Bundestag eintrat. Dort kam er über die Rolle des Hinterbänklers nicht hinaus. Bekannte beschreiben den 59-jährigen Ostfriesen als „sensibel und zurückhaltend“. MATTHIAS URBACH