hauptstadtkongress
: Schmoren im eigenen Saft

„Als ich da unten saß, dachte ich, ich sitze in einer CDU-Veranstaltung“, hat Gesine Schwan gesagt. Damit wollte die Präsidentin der Europa-Universität nicht auf die Inhalte des Hauptstadtkongresses anspielen, sondern auf die langen Reihen der Anzugträger im Publikum. Denn es stellte sich die Frage, ob der erste Hauptstadtkongress tatsächlich jene Menschen angesprochen hat, die erreicht werden sollten: Menschen, die sich freiwillig engagieren und konkrete Projekte voranbringen wollen.

KOMMENTAR VON PHILIPP DUDEK

Es gibt bestimmt andere Orte in Berlin, die mehr Assoziationen bürgerschaftlichen Engagements auslösen als das Grand Hyatt Hotel am Potsdamer Platz. So nahm es nicht wunder, dass im Grand Ballroom des Hotels auch eher Unverbindlichkeiten ausgetauscht wurden, als dass über das erklärte Ziel des Kongresses gesprochen wurde: Wie lassen sich mehr Berliner zu freiwilligem Engagement für die Zukunft ihrer Stadt aktivieren?

Denn Vorschläge, die Ehrenamtlichen mit kostenlosen BVG-Jahrestickets auszustatten oder für das Ehrenamt bürokratische Hürden aus dem Weg zu räumen, laufen ins Leere, solange sich die Menschen nicht für eine solche Aufgabe motivieren können. Dafür fehlt es sicherlich auch an einer angemessen Vernetzung der Freiwilligeninitiativen und an zentralen Anlaufstellen. Wer sich tatsächlich in Berlin ehrenamtlich engagieren will, hat die Wahl zwischen unzählige Organisationen, Vereinen und Initiativen. Eine regionale Kontaktbörse – wie sie bereits in Charlottenburg existiert – die Freiwillige an Initiativen vermittelt, würde mit Sicherheit den Einstieg ins Ehrenamt erleichtern. Ein Grundstein dafür wurde auf dem Kongress gelegt.

Jetzt ist es an der Zeit, über Konzepte nachzudenken, die noch mehr BerlinerInnen für das Ehrenamt begeistern können. Solange aber auf einem Hauptstadtkongress nur über die eigenen Projekte diskutiert und das eigene Engagement gelobt wird, schmoren die Teilnehmer im eigenen Saft.